FRAUEN UM ERICH MÜHSAM:

FRANZISKA GRÄFIN ZU REVENTLOW

oder: Das Geld kommt nur zu dem, der es mehr liebt als alles andere.
Ein sehr persönlicher Lesebericht von Wolfgang Kröske, Berlin. ("Dr. Seltsam")
Vortrag auf der Tagung der Erich-Mühsam-Gesellschaft
am 13. Mai 1995 in Malente.
Was soll das Reich von Lübeck denken?

Auf den Namen Franziska zu Reventlow stieß ich zum ersten Mal in den "Unpolitischen Erinnerungen" von Erich Mühsam:

Als Kinder waren wir Nachbarn gewesen. Aber Franziska gehörte so wenig wie ihre Brüder zu meinen Lübecker Spielkameraden. Da sie den gleichen Schulweg hatte wie ich, sah ich sie täglich, grüßte sie auch höflich - ob aus früh entwickeltem Verständnis für weibliche Reize oder aus Respekt vor dem schönen Adelsnamen, kann ich heute nicht mehr sagen. Sicher ist, daß die Bewunderung durchaus einseitig war und daß ich die puerilen Empfindungen distanzierter Verehrung ihrem Objekt erst zwölf Jahre später gebeichtet habe...im Münchener Café Luitpold. Die gemeinsame Heimat schuf von selbst Stoff zu vielerlei amüsanten Betrachtungen, und ich glaube, es war gleich bei unserer ersten Begegnung, daß die Gräfin mir erzählte, wie wir zahlreichen, in die Literatur, Kunst und Bohème versprengten Lübecker Gegenstand der besorgten Unterhaltung auf einer Abendgesellschaft beim Bürgermeister unserer Vaterstadt gewesen seien. Thomas Mann hatte mit den "Buddenbrooks", Heinrich Mann mit dem "Professor Unrat" die Lübecker Wohlanständigkeit arg verschnupft, Fritz Behn war...Bildhauer, die Reventlow gar, eine Gräfin, war Mutter eines unehelichen Kindes, und ich trieb...Anarchismus - es war viel auf einmal, und Seine Magnifizenz hätte, wie die Gräfin von einer Ohrenzeugin erfahren hatte, ob dieser traurigen Bilanz bekümmert den Kopf geschüttelt und gemeint: Daß die auch gerade alle aus Lübeck sein müssen - was sollen bloß die Leute im Reich von uns denken!

(Erich Mühsam: "Die Gräfin". Kapitel 12 aus "Namen und Menschen. Unpolitische Erinnerungen", (Artikelserie in der Vossischen Zeitung) Buchausgabe Berlin 1931, 1977)
Mann-Mühsam-Reventlow: Auf diese Erhebung in den literarischen Adelstand könnte die Gräfin auch von heute aus gesehn gewiß stolzer sein als auf ererbten Uradel. Auch mein eigenes Interesse an ihrer Person begann erst, als ich sie in diesem illustren Zusammenhang erwähnt fand. Aus dem sehr kleinen und ökonomisch zurückgebliebenen Lübeck um 1900 mit seinen Wällen, Torenstammen, mittelständischen Handelshäusern und Segelschiffen stammen verhältnismäßig viele wichtige Menschen, die die Mythen dieses Jahrhunderts geprägt haben: Neben Heinrich und Thomas Mann, Erich Mühsam und Jürgen Fehling sei erinnert an den Minister Gustav Radbruch, den Nobelpreisträger Willy Brandt und aus dem weiteren Umkreis Ret Marut (=B.Traven), der möglicherweise im 30 km entfernten Traventhal aufwuchs und in dessen Arbeitszimmer in Mexiko ein Bild vom Holstentor mit Trave hing. (Guthke S. 103 u.135f.) (Übrigens kam auch Lenins Oma aus Travemünde.) Sie alle haben gemeinsam, daß sie keine Reaktionäre waren, daß ihr Denken, Fühlen und Wirken auf die Verbesserung der Gesellschaft ausgerichtet war und von prinzipieller "Zivilität" getragen wurde, also von unmilitärischer, auf Verständigung und Zusammenarbeit orientierender Aufklärung gegen spießig-bornierte Rückständigkeit.

Noch etwas haben alle diese Ex-Lübecker gemeinsam: Es ist erst etwas aus ihnen geworden, nachdem sie diese Gegend fluchtartig verlassen hatten.

2. Vorbemerkung

Selbst literarisch sonst bewanderte Bekannte fragen mich: "Franziska - Wer?" nach meiner neuen Beschäftigung. Das totale Nichtwissen ist frappierend. Von der Reventlow sollte man wenigstens folgendes wissen: Sie war Freundin Erich Mühsams und teilte seine Auffassungen, sie machte vor 1900 Furore als "Königin der Bohéme" in München-Schwabing, schockierte die damalige Zeit durch "Freie Liebe". Ihre bedeutendsten Schriften sind über tausend Seiten Tagebücher und Briefe, sowie der außergewöhnliche satirische Roman "Der Geldkomplex", von dem dieses Referat vorwiegend handelt. Wenn Sie darüber gleich mehr wissen wollen, überschlagen Sie einfach die folgenden, wegen der verbreiteten Unkenntnis leider notwendigen lexikalischen Erläuterungen und lesen bitte gleich bei Punkt 5 weiter!

Im Unterschied zu den gelehrten Vorträgen, die wir sonst auf dieser Tagung gehört haben, möchte ich mich der liebenswürdigen Gestalt Franziskas ganz unfachmännnisch nähern. Das bedeutet keineswegs eine Absage an die philologische und historische Forschung, ich bewundere im Gegenteil die Kollegen, die sich wochenlang durch verstaubte Archive wühlen, ganze Berge an Literatur vertilgen und dann noch in der Lage sind, Erkenntnisse aus ganz unterschiedlichen Quellen zu einem verständigen Gesamtbild zusammenzufügen und uns mit neuen Ergebnissen zu überraschen. Mein Herangehen ist demgegenüber unsystematisch und bewegt sich in mehreren konzentrischen Kreisen, dabei durchaus subjektiv und von wachsender Faszination für diese außergewöhnliche Frau und "Gefühlsanarchistin" geprägt, - eine Einstellung, die Sie nach meinem Vortrag wahrscheinlich teilen werden.

Zunächst aber, zur Befriedigung der wissenschaftlichen Korrektheit, die zwei Fundstellen aus den Tagebüchern unserer Hauptpersonen: erstaunlich wenig, wenn man bedenkt, daß die beiden sich oft in ihren Stammcafés getroffen haben, wo sie sich über die gemeinsame Lübecker Heimat und die hohlen Münchener Geister mokierten. Beide mochten sich offenbar. In "Franziska Gräfin zu Reventlow, Tagebücher 1895-1910", (Fischer Taschenbuch-Ausgabe Seite 425), findet sich die einzige Erwähnung Erich Mühsams einige Zeit vor dem 28. Juli 1907 (Sammeleintrag, deswegen ungenaue Zeitangabe): "Komplott mit Mühsam für Ascona, noch eine Bummelwoche, dazwischen sentimentales Auftreten von Belami, der mit meinem Haustürschlüssel durchgeht. Bekanntschaft mit Groß"

Da haben wir gleich in einem Satz ihr Zusammentreffen mit drei Menschen, die in diesem Referat, wie in Franziskas Leben, eine große Rolle spielen werden: Neben Erich Mühsam der Rechtsanwalt Dr. Friess, gannnt Belami, einer ihrer Liebhaber und der Psychiater und Freud-Schüler Dr. Otto Groß.

In den von Chris Hirte bislang veröffentlichten Mühsam-Tagebüchern 1910-1924 (dtv studio 19030) findet sich der Name Franziska zu Reventlow erstaunlicherweise überhaupt nicht, obwohl Mühsam sie oft traf und sie große "Fischzüge" unternahmen. Das mag darin begründet sein, daß sein Tagebuch erst 1910 beginnt, als die Reventlow München gerade verläßt; aber da beginnt gerade der "große Fischzug" der beiden, und es ist merkwürdig, daß sich darüber nichts weiter findet. Stattdessen erscheint einmal "Reventlow", aber da handelt es sich nicht um Franziska, sondern um ihren rechtsradikalen Bruder Ernst (Mühsam/Hirte, S. 333/404). Erich Mühsam sitzt in Niederschönenfeld in Festungshaft, liest die Presse der KPD und sorgt sich - historisch folgt die Partei immer noch dem Kurs von Radeks "Schlageter-Rede" - um deren möglicherweise mangelnden Antifaschismus. Eintrag vom 4. August 1923 (da war Franziska allerdings schon fünf Jahre tot). "Es werden sich ja wohl in der "Roten Fahne" entsprechende Kommentare noch einfinden, und dann muß sich zeigen, ob man endlich bereit ist,... die Bekämpfung des Faszismus international mit allen wirklichen Revolutionären zusammen zu betreiben, oder ob die Tatsache, daß die "Rote Fahne" jetzt Radek und Reventlow schon gemeinsam zum Wort zuläßt und einen Nationalbolschewismus in Deutschland großzüchtet, an dem nur noch der Bolschewismus zweifelhaft ist."
Soweit Erich Mühsams Tagebuch, weitere Fundstellen später. Dieser zwei Jahre jüngere Bruder Ernst von Reventlow ist heute ungerechterweise viel bekannter als Franziska. Er trat 1927 schon der NSDAP bei und veröffentlichte in hohen Auflagen die offiziöse Abrechnung der Nazis mit den Hohenzollern: "Von Potsdam nach Doorn", ein dickes Buch, das heute in jedem Antiquariat billig zu finden ist. Seine extrem antipreußische Haltung, die von Goebbels so geschickt ausgenutzt werden konnte, hat er von seinem Vater geerbt.

3. Merkdaten und Werke

Franziska von Reventlow lebte von 1871 bis 1918; sie wurde nur 47 Jahre alt und zufälligerweise entsprechen ihre Lebensdaten denen des ersten Deutschen Reiches. Das ergibt einen schönen mystischen Zusammenhang, denn man kann sagen, daß Franziska zu Reventlow den denkbar größten Gegensatz zu den politischen und moralischen Auffassungen des preußischen Kaiserreiches darstellte (Adel, Geld, Familie, Moral, Ruf), sozusagen seine real existierende Negation und stete öffentliche Herausforderung, wofür sie bitter bezahlen mußte und wofür wir sie heute lieben. Sie entstammte dem europäischen Hochadel, dessen Traditionen sie zeitlebens höhnisch ablehnte. Sie lebte als Künstlerin in Schwabing, inmitten der berüchtigten Bohème vor 1900, zu deren Anziehung auf phantasiebegabte junge Menschen sie als der berühmte Star von "Atelierfesten" und "Malerfaschings" wesentlich beitrug. Sie weigerte sich, den Vater ihres unehelich geborenen Kindes anzugeben oder gar zu heiraten. So war sie neben Erich Mühsam das antibürgerliche Schreckensbild par excellence, eine unbeugsame, stolze Frau, durch keine Not zu brechen, dabei liebevoll und mütterlich wie kaum eine. Als "die tolle Gräfin",die "nordische Venus", die "Madonna mit dem Kind", Prophetin der "freien Liebe" und "Königin der Bohème" reichen ihre sozialen Wirkungen bis in die Ideen der 1968er Rebellion hinein, sie dürfte eine der wirkungsreichsten und dabei unbekanntesten Lebensstil-Revolutionärinnen des Jahrhunderts sein.Ihre Lebensstationen waren:
- Husum (1871 Geburt im Schloß)
- Lübeck (ab 1889 Ausbildung als Lehrerin) / Hamburg (Heirat 1892/93)
- München ab1893 ("Bohème", Kind und Malerei)
- Ascona ab 1910
(Romane, Krankheit, Tod, Begräbnis 1918).

Zu ihren berühmteren Freunden gehörten u.a
- die Lübecker Erich Mühsam und Emanuel Fehling, (Bruder des späteren Regisseurs Jürgen Fehling),
- Thomas Mann ("eine unverheiratete junge Mutter von adeliger Herkunft, die von ihrer Familie verstoßen, aber ohne alle geistigen Ansprüche war und einzig und allein auf Grund ihrer Mutterschaft in diesen Kreisen Aufnahme gefunden hatte."
-Thomas Mann, "Beim Propheten", Erzählung.)
- Korfiz Holm, Lektor im Verlag Albert Langen München und auch bekannter Briefpartner des frühen Thomas Mann
- die Dichter R.M. Rilke("Jeden Morgen ein Gedicht von Rilke im Briefkasten, das gefällt mir." Franziska zu Reventlow-Tagebuch, März 1897)
- Frank Wedekind - (nicht dessen "Franziska", sonden eher "Lulu" scheint auf die Reventlow zurückzugehen),
- Oskar Panizza - ("Sie zwingt mit ihrem Namen eine ganze Vergangenheit, für die neue Sache zu streiten. alle ihre illustren Ahnen müssen nolens volens für das Neue Zeugnis ablegen..."Reventlow, autobiogrfisches. S. 235)
- Karl Wolfskehl, Ludwig Klages, Franz Blei, Stefan George, Franz Hessel, Theodor Lessing, Klabund, Ringelnatz;
- Psychiater, Maler, Ärzte, Anwälte, Professoren, Ökonomen, Revolutionäre.

Leser verzeihe dieses dröge name dropping, es mag unterstreichen, daß Franziska die Frauen-Vorstellung einer ganzen Intellektuellen-Generation beeinflußt hat und es ist bedauerlich, daß die Literaturwissenschaft sie so gänzlich vergaß, sonst hätten wir eine Fülle von Arbeiten, in denen sie als Urbild der "Lulu", der "Madame Chauchat" und vieler anderer Frauengestalten aus der ersten Jahrhunderthälfte längst unsterblich wäre.
Die Literaturhistoriker fanden Leben und Werk dieser Frau offenbar nicht besonders beachtenswert. Kaum ein Lexikon registrierte überhaupt ihren Namen. Eine kleine Ausnahme bildet Jürgen Serke, der in seiner verdienstvollen "stern"-Serie "Die verbrannten Dichter" ab 1975 wenigstens kurz Wolfskehl und Franz Hessel erwähnt, nacheinander Partner einer ihrer "Wohngemeinschaften" und "Ehen zu dritt" (S.299):
"FranzHessel studierte in München Literaturgeschichte. Zusammen mit Franziska Gräfin zu Reventlow, die die Konventionen des Adels weit hinter sich gelassen hatte und ein freies Leben führte, von Spießern als eine femme fatale eingeschätzt, gab Hessel den "Schwabinger Beobachter" heraus. Er knüpfte Beziehungen zum Stefan-George-Kreis, zu dem Lyriker Karl Wolfskehl, der 1933 vor den Nazis um den halben Erdball nach Neuseeland floh und dort 1948 starb."

Erst sechzig Jahre nach ihren Büchern erschien eine erste Dissertation (J. Székely, Bonn 1979) sowie ein dreiteiliger TV-Film "Die Reventlow" von Rainer Wolffhardt mit Donata Höffer in der Titelrolle; 1980 ein einfühlsames, nicht immer korrektes Porträt von Helmut Fritz: "Die erotische Rebellion. Das Leben der Franziska Gräfin zu Reventlow" (FiBü 2250), aus dem ich vieles zitiere. Anfang der Achtziger erschienen dann endlich ihre Werke erneut in zwei dicken Sammelbänden und danach in Taschenbüchern bei Fischer und Ullstein - und landen bald im Ramsch, weil das suffragettenfeindliche amoralische "Weibchen" Reventlow auch der modernen Frauenbewegung unerträglich ist; dabei hätte eine gute Prise Reventlowschen Humors dogmatischer Verklemmtheit beizeiten vorbeugen können. Die letzte neuere Ausgabe waren 1992 die Tagebücher bei Luchterhand. 1987 gab Karl Corino bei Greno eine genaue Pfennigzählerei über das "Auskommen deutscher Schriftsteller" heraus, worin F. Reventlow neben Else Lasker-Schüler als einzige Frau vertreten ist; Sybille Mulot zeichnet darin Franziska fälschlich als "typisches Beamtenkind, die sich um die Quellen des Einkommens nie kümmern", beklagt aber zurecht: "Hier wie an anderen Stellen macht sich das Fehlen einer wissenschaftlichen Biografie störend bemerkbar." Sie fehlt immer noch.

Seit Jahren ist die Reventlow wieder mal "nicht lieferbar" auf dem deutschen Büchermarkt. Glücklich kann sich schätzen, wer im Antiquariat die in weinrot weiches Leder gebundene Ausgabe auf Bibel-Dünndruck-Papier aus dem Jahre 1925 erwischt: Else Reventlow, ihre Schwiegertochter, hat hier erstmals die "Gesammelten Werke in einem Band" im Albert-Langen-Verlag München herausgegeben, dazu ihre Briefe und Tagebücher, mit ausführlichen Vorworten und Anmerkungen versehen, eine Ausgabe, die der Gräfin sicher gefallen hätte, trotz ihrer Abneigung gegen "Schreibende Frauen, schrecklich! Es hat so einen peinlichen Beigeschmack." (Fritz, S.87) Wer Beziehungen zum Bücher-Grosso oder zu Verlagen hat, kann versuchen, die zuletzt erschienenen Ausgaben vielleicht doch noch irgendwo zu bekommen:
Franziska Gräfin zu Reventlow: Werke
1895-1910 "Tagebücher", Hrsg. Else Reventlow (1925/1976) FiBü1702 Eine außerordentlich offene Darstellung ihres Lebens in dieser Zeit: Armut, Kinderkriegen, Männer, Berufe und immer wieder müchnchen und die Bohème. neben "Herr Dame" und Mühsams "Unpolitischen Erinnerungen" eines der wichtigsten Werke über diese Kreise.
1903 "Ellen Olestjerne", Roman. Mehrere Auflagen bis 1925. Autobiografischer Roman nach eigenen Aufzeichnungen über die typische "Höhere-Töchter"-Erziehung im Adelsstift; Mühsam berichtet, sie habe den Erstling "einen sentimentalen Schmarren" genannt.
1912 "Von Paul zu Pedro", Roman (Über ihre Erfahrungen mit Männern. Einteilung in verschiedene Männertypen: der Rettertyp. Die Begleitdogge. Der fremde Herr. Die Päule) Ullstein TB 37055
1913 "Herrn Dames Aufzeichnungen" (Schlüsselroman über Schwabinger Bohéme mit beigefügter Auflösungsliste. Wichtiges sozialhistorisches Zeugnis) Ullstein 37055
1915 "Der Geldkomplex". (Ihr lesenswertester Roman. Wird hier in einigen Aspekten zitiert und besprochen) Ullstein 37056
1916-18 "Der Selbstmordverein" (aus dem Nachlaß, weitgehend unbearbeitet, krause story. Nur für harte Fans) Ullstein 37056
1925 "Gesammelte Werke". Hrsg. Else Reventlow.
1929 "Briefe". Hrsg. Else Reventlow (Frankfurt/M. 1977. FiBü 1794)

Ein Teil ihres Nachlasses befindet sich heute in der Stadtbibliothek München (Oberhauser S. 380).

In den zwanziger Jahren erlebte das Gesamtwerk noch mehrere Auflagen und war reichlich bekannt. (Fritz, S. 87:) Ernst Bloch zitiert sie namentlich im "Prinzip Hoffnung" und als Kronzeugin in seinem Montage-Werk über geistige Ungleichzeitigkeiten der Weimarer Republik, "Erbschaft dieser Zeit" (1934) S.333:
"Die wunderbare Franziska Reventlow hat solcher Klageszeit (, daß nie die schöne Seele hinreißend ist sondern nur das Leben...W.K.) schon in statu nascendi ihre Parodie geschrieben; einer Zeit, worin "Eros" und "Kosmos" Atelierfeste geschmückt hatten, bevor sie lächerliche Salonworte und ernsthafte Windjacken geworden sind."

Die "Weltbühne" attestierte ihr "Witz und Geist" und schrieb: "Fanny Reventlow war beinahe eine große Humoristin." Ihre Affären und erotischen Begriffsbestimmungen müssen damals weit über München hinaus sprichwörtlich bekannt gewesen sein, zitierbar für den Hausgebrauch; so bei Tucholsky:
"Lottchen beichtet 1 Geliebten": "Der Mann ist eben - ich hab ihn auch im Auto mitgenommen, weil er so nett neben einem im Auto sitzt, eine glänzende Begleitdogge - so, hat das die Reventlow auch gesagt? na, ich nenne das auch so. Aber nur als Begleitdogge."
Im Dritten Reich wurden ihre Bücher nicht wieder aufgelegt. "Verboten" (behauptet H.Fritz). Den Nazis war ihr Tonfall zu großstädtisch und zu ironisch, zu sehr "Asphaltliteratur", obwohl an "Politik" ganz offenbar uninteressiert, soweit sie nicht das praktische Leben betraf. Darin aber ist die Reventlow bis heute viel unverdaulicher und revolutionärer, als die Nazis ahnen konnten. Ihnen wäre sie wohl zu "jüdisch" gewesen, wäre sie nicht von Aussehen und Herkunft so absolut "nordisch" gewesen, wie ihr Leben die praktische Widerlegung aller wilhelminisch - nazistischen Ideale war. Die Münchner Bohèmiens, die aus Geldmangel ihre Zeit in ihren Stammcafés selbstbewußt und witzig totschlugen, im Luitpold, im Stephanie, im Simpl, prägten sich den völkisch-verklemmten Arbeitslosen der "Deutschen Arbeiter Partei", die dort ebenfalls herumlungerten, so tief ein, daß der Haß auf diese libertäre Szene, zu der sie keinen Zugang fanden, ihr ganzes Leben vergiftete. Beispiel Hitler: Die Beschreibung des geilen Judenjungen in "Mein Kampf" lesend, der ihm die blonden deutschen Frauen wegnimmt und "schändet", erkenne ich den ungefilterten Sexualneid aus dem Café Stephanie: die Reventlow über Erich Mühsams Witze lachend, zauberhaft und unerreichbar. Auch die große Geschichte ist ja manchmal sehr eng und die Psychologie kennt Fälle, wo aus Zurückgewiesenen große Mörder wurden. Ich frage mich deswegen bei der folgenden grausigen Geschichte aus Heinrich Manns "Ein Zeitalter wird besichtigt", 12. Kapitel, was aus der Reventlow mit fünfundsechzig geworden wäre (S. 377):

"Die Industrie hatte Empfehlungen aus der Reichswehr bekommen, ein Spitzel vom Typ Hitlers wäre gegen die Arbeiter das Brauchbarste...Seine Sorge war: auftreten, Eindruck schinden, trotz dem hinderlichen Gefühl seiner Minderwertiigkeit. Das Café Stephanie in München war ein Aufenthalt der Literatur, soweit sie die Promiskuität oder die Geselligkeit pflegte. Eine Dame, die mit Grund unbemerkt bleiben wollte, erschrak,als ein gewisser Herr in der Tür stand. Man berichtigte die Verwechslung. "Das ist nur der Hitler. Er telephoniert hier täglich um zwölf." Tatsächlich begab er sich geradewegs nach der klapprigen Zelle, durch ihre Ritzen drangen seine Geheimnisse, wenn jemand sie für wichtig befunden hätte. Er hatte nicht widerstehen können. Das Literaturcafé mußte es sein. Er hat, ein träges Untalent, seine Leiblichkeit gescheuert an den Intellektuellen, die er beneidete, haßte, die er nachher umbrachte. Keine Fremden: eben die Gäste derselben Tische, zwischen denen hindurch er nach dem Telefon gestolpert war, zu unsicher, um sich bei ihnen niederzulassen, die tötete er. Ein noch gräßlicherer Anblick verfolgt mich nicht als das Bild des toten Erich Mühsam - Stammgast im Café Stephanie. Die Geschichte ist abscheulich intim. Sie ist klein, bei umfänglichster Grauenhaftigkeit."---

Es ist allerdings unwahrscheinlich, daß Hitler die Reventlow persönlich kannte, dafür wurde der Reventlow sein Parteihistoriker. So klein ist manchmal die Geschichte.

4. Herkunft und Familie

Die Faszination Franziskas kommt sicher daher, daß sie instinktiv libertäre Prinzipien auslebte, obwohl sie keine Anarchistin, keine "Theoretikerin" war. Nicht mal als Intellektuelle wollte sie sich selbst verstehen (obwohl sie vom Übersetzen lebte), sondern als "Weibchen", als liebende Mutter, die einfach ihren Gefühlen entsprechend leben und dabei mit den Anforderungen des Alltags klarkommen will, ohne sich zu verbiegen. Es gab in München wahrscheinlich viele geschiedene Frauen, die gelegentlich mit "fremden Herren" gingen, ohne daß dies gleich in ganz Deutschland Furore gemacht hätte. Worin also bestand der "Fall", dessen Echo bis heute reicht? (z.B. R. Ahrem in DIE ZEIT, 17.10.92: "Franziska, die `heilige Hetäre")

Drei Antworten zunächst: Sie war ungeheuer schön, sie entstammte der Elite des Reiches, sie verschmähte die Heuchelei, ihre "Unsittlichkeit" zu verheimlichen. Es ist erstaunlich, wie man zu manchen Zeiten Revolution machen kann, indem man sich nur konsequent natürlich benimmt und alleine dadurch alles das verspottet, was Tagesängste und Zwangserziehung dem Spießer als notwendige Anpassung vorgaukeln. Diese Erfahrung schenkt Trost und Stärke für heute. Für Erich Mühsam war sie die "wertvollste Frau, die ich kannte."

Ihr vollständiger Geburtsname lautete: Fanny Liane Wilhelmine Sophie Adrienne Auguste Comtesse zu Reventlow; später verheiratete und geschiedene Lübke; wiederverheiratete Baronin von Rechenberg-Linten, geboren am 18.Mai 1871 im Schloß zu Husum, gestorben am 21.Juli 1918 während einer Operation und in Ascona begraben als Contessa Francesca Reventlow. (Oberhausen hat: "gestorben 25.7.1918 Muralto/Tessin". Wieder fehlt eine korrekte Biografie!) Sie entstammte zwei großen Grafengeschlechtern; laut Tagebuch "erblich belastet" (Nervenkrankheiten?). Die Mutter war eine geborene Reichsgräfin zu Rantzau, aus deutschem Hochadel; eine Familie, die heute noch erhebliche Ländereien in Norddeutschland besitzt.(Brockdorff-Rantzau)
Der Vater entstammte ebenfalls nordeuropäischem Uradel, die Grafen Reventlow waren schon im Mittelalter als Schlächter aufständischer Bauern in Dithmarschen in Erscheinung getreten. (Bei einem Treffen schleswig-holsteinischer Lokalpolitiker rief ein Ratsherr aus Wesselburen aus: "Watt, n Revntlou sind je?! Un ick dacht, üch hätt wi all dotschlacht!").

"Die Vorfahren hatten noch vor 100 Jahren den dänischen Thron inne." (Oskar Panizza in: Reventlow, Fr.G.: "Autobiografisches etc." Ullstein, S. 234) Ich stelle mir die in Schwabing hungernde Franziska vor, wie sie mit ihren abgerissenen Küchenfreunden kichernd ausrechnet, wieviele von ihrer verhaßten Verwandschaft schnell sterben müßten, damit sie dänische Königin wird. Märchenhafte Perspektiven, die möglicherweise erklären, warum sie nie eine bürgerliche Berufskarriere etwa als angestellte Lehrerin oder Bibliothekarin suchte; das vertrug sich in ihrem magischen Bewußtsein wohl nicht mit der aristokratischen Contenance, die sie auch im Elend stets wahrte. Vater Graf Reventlow war Landrat des Königreiches Dänemark für die Landschaft Schleswig.

"Zu Hause im Schloß, dem malerisch von Ulmen umkränzten, mit seinen weiten Räumen, Sälen, Wendeltreppen und düsteren Gängen", wollen die Eltern mit Gewalt eine höhere Tochter aus ihr machen. Ein brutaler Dressurakt, der im Stift Altenberg für schwererziehbare Adelstöchter (1886) seine Fortsetzung findet, später in ihrem ersten autobiografischen Roman "Ellen Olestjerne" detailgenau geschildert. Als Fanny geboren wird, hatte Bismarck die deutsche Einigung mit "Blut und Eisen" gerade abgeschlossen, Graf Reventlow war eins der Opfer: die gegen Dänemark siegreichen Preußen ("Düppeler Schanzen" 1864) hatten ihn seines Amts enthoben. Er blieb jedoch "stockdänisch" gesinnt (H.Fritz behauptet absurd: "stockpreußisch gesinnt") und zog sich später nach Lübeck zurück, das als reichsunmittelbare freie Hansestadt nicht zu Preußen gehörte. So wurde Franziska im Jahre 1889 Lübeckerin: "...in Lübeck, wo ich am unglücklichsten war..." (Tagebuch 4.3.95)

Die Reventlows hatten fünf Kinder:
-Agnes, die älteste, Stiftsdame im Kloster Preetz.
-Ludwig, Gutsherr auf Wulfshagen, Reichstagabgeordneter 1905/06.
-Theodor, mit fünfzehn gestorben.
-Carl, genannt "Catty", der Lieblingsbruder, Gutsherr auf Damp, preußischer Major a.D. ("Er stand im Verdacht, sozialdemokratisch zu wählen." Mühsam)
-Franziska, geb. 1871
-Ernst, jüngster Bruder, geb. 1869, historischer Autor und Politiker. 1927 zur NSDAP. Reichstagsabgeordneter 1924 bis 1943.
Die genaueren Daten wie überhaupt das Schicksal dieser zerrissenen Familie sind mir nicht zugänglich, das wäre ein gutes Thema für Heimatforscher. Der Psychologe erkennt aber, daß alle Angehörigen zu Extremen neigten, deutliches Zeichen für die Herrschaft einer engstirnig-neurotischen Muttergestalt in der Familie, bei der der Vater nichts zu melden hat.

Über die drei Lübecker Jahre bis zu ihrem Ausbruch 1892 ist mir wenig bekannt, weder die genaue Wohn-Adresse in der Moislinger Allee mit der Gartenseite zum Stadtgraben (Oberhauser S.467), noch die Abläufe im Lehrerinnenseminar. (H.Fritz S.46:) Franziska besucht heimlich den "Ibsen-Club", in dem junge Leute die verbotene moderne Literatur diskutieren: Zola, Tolstoi, Bebel, Ibsens "Nora". Sie versucht, mit dem Senatorensohn Emanuel Fehling durchzubrennen, trifft sich heimlich in der Marienkirche, "der treuen Hehlerin unserer Sünden", aber über "freie Liebe" mag der nur brieflich diskutieren. Wie bei Ibsen. Franziska wendet sich einem älteren Mann zu (wem?), die Mutter bricht eine Schatulle mit ihren Liebesbriefen auf und macht "Skandal". Franziska wird enterbt, macht noch ihr Lehrerinnen-Examen und entflieht am Tag ihrer Volljährigkeit, dem 18. Mai 1892 der elterlichen Gewalt, - mit geliehenen zwanzig Mark in der Tasche-, zu ihren Freunden vom Ibsen-Club nach Hamburg, von denen einer, der Gerichtsassessor Walter Lübke, sie heiratet und ihr ein Jahr Malerausbildung in Schwabing finanziert. So verließ Fanny Reventlow am 18. Mai 1982 Lübeck für immer, mit einer traurigen Ausnahme, von der noch zu berichten sein wird...
Auf dem Schulweg sah sie bis dahin täglich der sieben Jahre jüngere Erich Mühsam, der sich, mit elf offenbar etwas frühreif, in die "blendend schöne blonde Seminaristin" und ihre "weiblichen Reize" verguckte. Erichs erste Liebe.

5. Der Geldkomplex
(1): Psychologie des Geldes

Wir betreten nun das Gebiet der Ökonomie, auf dem Franziska Bedeutendes gefunden hat, ohne es zu wissen. Aber wenn einst die Namen gerühmt werden, die an der Befreiung der Menschheit vom Fluch des Geldes mitgewirkt haben, dann wird sie als eine der Ersten genannt werden müssen.

Das Wallstreet Journal schrieb 1990: "Der Zusammenbruch des Ostens kam für die westliche Wirtschaft keine Minute zu früh." Tatsächlich ist die kapitalistische Marktwirtschaft scheinbar Sieger im Wettlauf der Systeme geblieben, aber das hat nicht viel zu sagen. Erstens war das drüben gar kein richtiger Sozialismus - dieser Versuch steht immer noch aus. Und zweitens steht die Weltwirtschaft seit Jahren so knapp vor dem Zusammenbruch,- durch weltweite Spekulationsströme, Kredit- und Zinsanhäufung, Auseinanderklaffen von reich und arm, von Staatsschulden bei privatem Reichtum, Überproduktionskrisen -, daß man sich eher wundern muß, daß überhaupt noch etwas funktioniert. Einige moderne amerikanische Ökonomen sind schon auf die Idee gekommen, zur Beschreibung von Geldströmen das Geld wie eine eigenständige, unabhängige Persönlichkeit zu betrachten, mit Launen, Vorlieben und Charakter: eine Vorstellung, die von Franziska von Reventlow stammt und in ihrem Roman "Der Geldkomplex" erstmals ausgeführt wurde.

"Ich bin tatsächlich dahingekommen, das Geld als ein persönliches Wesen aufzufassen, zu dem man eine ausgesprochene und in meinem Falle eine qualvolle Beziehung hat. Mit Ehrfurcht und Entgegenkommen könnte man es vieleicht gewinnen, mt Haß und Verachtung unschädlich machen, aber durch liebevolle Indolenz verdirbt man`s vollständig mit ihm."(Der Geldkomplex, Ullstein TB 37056, S.11)
"Ich werde mich hüten, das Geld durch meine persönliche Einmischung noch rebellischer zu machen."


Die folgenden, achtzig Jahre alten Ausführungen zum "Geldkomplex" wirken wie zeitgenaue psychologische Kommentare zum aktuellen Wirtschaftsgeschehen, den leichtsinnig-verbrecherischen Unterschlagungen des "Baulöwen" Schneider etwa, oder den spielerischen Milliardenverlusten des Optionenhändlers Nick Leeson an der Börse Singapur, womit er die Bank der englischen Königin ruinierte:

"Ist man selbst überzeugt, daß man doch nicht wird zahlen können, so kommt es nicht in Betracht, wie hoch die Rechnung wird." (41)

"Ich fühlte, daß die Kluft, die sich zwischen ihm - dem Geld - und mir aufgetan hatte, nicht mehr zu überbrücken war. Es begann sich an mir zu rächen, und das Infame an dieser Rache war, daß es mich nicht nur mied, sondern eben durch seine völlige Abwesenheit alle meine Gedanken und Gefühle ausschließlich erfüllte, mich volllständig in Anspruch nahm und sich nicht mehr ins Unterbewußtsein verdrängen ließ.(12)

"Sie sind auf dem Holzweg, weil Sie an dem Geld gerade das Sauerverdiente so schätzen und hervorheben. Es ist ein widerwärtiger Ausdruck und ein widerwärtiger Begriff. Es kann auch auf sauerverdientem Geld kein Segen ruhen, es muß uns hassen, weil wir es an den Haaren herbeigezogen haben, wo es vielleicht gar nicht hinwollte, und wir müssen es hassen, weil wir uns dafür geschunden haben....Der Baulöwe hatte es aber anscheinend doch auf die Bank gelegt, um sich später einmal gute Tage zu machen?- Um so schlimmer, dann wird es gar noch zum "sauer Ersparten", was die Leute bekanntlich immer auf tragische Weise einbüßen. Ich begreife auch, daß das Geld sich solche Bezeichnung nicht gefallen läßt Sauer erspart...sagen Sie es sich nur ein paarmal vor, womöglich mit knarrender Stimme...: Wie Krähen im Herbst." (30)

"Das Spiel hat nichts Aufregendes, es wirkt im Gegenteil beruhigend, man sieht nur Geld, hört nur Geld, fühlt nur Geld, und das ist gerade,was mir nottat. einmal gehört es mir, einmal nicht, es rollt fort, schiebt sich wieder vor mich hin - es muß sich passiv verhalten, kann sich keine eigenen Launen mehr leisten, sondern muß sich denen des Roulette fügen. Und ich tyrannisiere es, denn ob ich spiele, und wie hoch, oder wieder aufhöre, steht in meiner Macht." (105)

"Es benahm sich schon manchmal, als ob es mich wirklich gern hätte und bei mir bleiben wollte, denn es kam immer wieder, wenn wir auch noch so leichtsinnig setzten." (107

"Wie oft habe ich erlebt, daß es schon auf dem Wege zu mir war und unter irgendeinem fadenscheinigen Vorwand wieder umkehrte." (33)

"In Monaten hat das Geld alle Muße, die ausgefallensten Schikanen zu entsinnen." (35)

"Das Geld macht eine förmliche Verschwörung gegen mich." (31)

Dem Geld wird hier Wille und Absicht unterstellt, eine subjektive Rolle, eine eigene Psyche. Von da aus ist es nicht mehr weit bis zu einer "Psychologie des Geldes" und schließlich, um auch seiner uverständlichsten Regungen und Bewegungen habhaft zu werden, einer "Psychoanalyse des Geldes". Ich bin sicher, man wird in den nächsten Jahren ernsthafte ökonomische Theorien finden, die sich in diesen Begrifflichkeiten bewegen. Das sind alles Ideen, die Franziska von Reventlow zum ersten Mal formuliert hat, scherzhaft zwar und in humoristischer Absicht; aber offenbar entspricht das reale Verhalten des Geldes ihren bitteren Erfahrungen, die sie sich lachend von der Seele schrieb, unbekümmert um Wirtschaftstheorien und materialistische Wahrscheinlichkeit. Für sie war es nur ein hübscher Einfall, das Geld als beseeltes Individuum zu betrachten, aber damit gehört sie zu den Begründerinnen einer neuartigen "Relativtäts-Theorie des Geldes", die wir vor den zu erwartenden Krisen des Weltkapitals dringend benötigen.

Ob das alles Quatsch ist? Nun, es ist genauso Quatsch wie dieses ganze perverse Wirtschaftssystem und mir bekannte Ökonomen haben bestätigt, daß diese Ideen tatsächlich in der Luft liegen und man aus lauter Verzweiflung, die wirren Vorgänge der Weltwirtschaft nicht erfassen zu können, zu solchen und ähnlichen Spinnereien, "Spieltheorie" bzw. "Chaostheorie", greifen muß.

Es ist ja leicht einzusehen, daß das Geld neben seinem in Zahlen meßbaren objektiven Tauschwert auch einen variierenden "subjektiven Wert" besitzt: Fünfzig Mark in der Tasche eines Millionärs sind gerade mal ein Trinkgeld wert; in der Hand einer armen Mutter wie der Reventlow sichern sie dagegen das Weiterleben für eine ganze Woche. Es gibt darum keine größere "subjektive" Wertsteigerung für Geld als das Übertragen an Personen, die es nötiger brauchen; und Franziska von Reventlow hat mit ihrer zur Meisterschaft entwickelten Pump-Philosophie, deren Elemente ebenfalls im "Geldkomplex" ausführlich dargestellt werden, die Praxis für diese Theorie geliefert.

Je mehr Geld einer hat, desto schwieriger ist es wertsteigernd anzulegen. (Eine Theorie, die Marx als den "tendenziellen Fall der Profitrate" erstaunlicherweise sogar für den objektiven Geldwert feststellt.) Entsprechend zielen die meisten alternativen Ökonomie-Modelle, wie man sie zum Beispiel bei Helmut Creutz und Margrit Kennedy unter den Begriffen "Freigeld, Freiwirtschaft, Schwundgeld, Brakteaten, Nullwachstum, Geselleaner" studieren kann, auf die Brechung der Herrschaft des objektiven Geldwertes und seiner kapitalistischen, zinsheckenden Eigenschaften. Diese Ideen wurden erstmals formuliert in den Kreisen um Silvio Gesell und Edgar Jaffé, Wirtschaftspolitiker der Räterevolution. (Nebenbei: Der Nazi Gottfried Feder, auch Münchener, hat diese Ideen unter dem Etikett "Brechung der Zinsknechtschaft" für das Parteiprogramm der NSDAP gestohlen. Natürlich wurde es nie praktiziert, sondern zu einem antisemitischen Fetisch verfälscht. Auch Ludwig Erhard war "Freiwirtschaftler" und wollte bei der Währungsreform 1948 Freigeld-Elemente einführen, aber: "Das machen die Banken nicht mit!" erkannte er zurecht und verzichtete.) Der Nationalökonom Professor Edgar Jaffé, ( später 1918 Finanzminister der Eisnerschen Revolutionsregierung in München, wo Ret Marut/Traven zu seinen Mitarbeitern zählte), gehörte zu den engeren Freunden von Franziska von Reventlow, eine zeitlang finanzierte er sie, "sehr nobel", wie sie schreibt, das heißt wohl, ohne sexuelle Gegenleistungen zu erwarten. Jedenfalls zunächst.- In ihrem Tagebuch verfolgen wir einen ganzen Kleinroman über mehrere Jahre, wie sich das abspielte. Schöne Rebellen warn das:

"Jaffé nachmittags in der Wirtschaft. Bis zum Abendessen dort gesessen, viel gesprochen; staune immer wieder über diesen Menschen, der wirklich gut, vornehm, sympatisch." (21.8.1907)

"Freu mich an der Sonne, daran, daß ich durch den guten Jaffé Geld hab´." (20.9.1907)

"Jafféabend. Vor Graun beinah vergangen, geheult etc. Lieber Gott, diesen Kelch laß an mir vorübergehn.-"(9.8.1908)

"Und heute früh der Brief von Jaffé, ob ich mit ihm nach Korfu fahren will- ... Eine andere Reise, anderswohin, meinetwegen allein, mit einem sympatischen Menschen, ja - aber mit dem - Gott soll mich behüten. (6.3.1910)

"Mit der Jafféreise wirds nun ja auch nichts, ich bleibe mit meinem Herzkind auch lieber hier, aber ich möchte ihn vorläufig garnicht sehen, tun, als ob ich doch fort wäre, damit mir diese wundervolle harmonsche Stimmung nicht wieder verloren geht."(28.3.1910)

"Wenns nicht anders geht, wieder zurück nach München und nehme Jaffés Stellung an." (11.10.1910)

Das war nicht nötig, denn nun folgt die Übersiedlung nach Ascona und schließlich die Story, von der "Der Geldkomplex" handelt. Wir können uns mit ein wenig Einfühlung aber vorstellen, wie die Reventlow, ihre Armut und ihre ungebrochene Persönlichkeit, ihre Gespräche und ihre sprudelnde Ideenfrische die späteren Revolutionäre bewegt hat. Eine solche Frau, mit diesen Fähigkeiten und einer solchen Attraktion, - die sollte in der bestehenden Gesellschaft keine Chance erhalten, mußte verhungern, huren, oder untergehen?! Eine deutlichere Verurteilung der herrschenden Verhältnisse ließ sich kaum vorstellen. Die Gräfin galt vielen bedeutenden Menschen als Vorbild. Die "Kosmische Runde" um Karl Wolfskehl, Stefan George und Ludwig Klages inspirierte sie zu dem Entwurf einer Gesellschaftsutopie, die durch Mutterrecht, Hetärenkult, Abschaffung der Ehe und des § 175 geprägt ist. Warum sollte ihr Einfluß nicht darüber hinaus reichen?

Silvio Gesell aus dem Kreis um Jaffé entwickelte später seine einschlägigen Ideen, wie den Frauen und Müttern zu helfen wäre, damit sie sich nie mehr bloß um der Lebenserhaltung willen ungeliebten Mänern hingeben müssen; und man wird den Gedanken nicht los, daß die fragwürdige Geschichte der Reventlow hier ihre wirtschaftstheoretische Antwort gefunden hat. Wie so oft fehlt historische Forschung, die diese Verbindungen untersucht hätte. Jedenfalls kann man Silvio Gesells verblüffenden Vorschlag, die Kinderaufzucht Ehe- und Männer-unabhängig aus der vergesellschafteten Bodenrente zu finanzieren, nachlesen in dem verdienstvollen Werk des "Berliner Anzünders" und Herausgebers der legendären Anarchopostille "883" Klaus Schmitt im Kramer-Verlag: "Silvio Gesell - "Marx" der Anarchisten?-Texte zur Befreiung der Marktwirtschaft vom Kapitalismus und der Kinder und Mütter vom patriarchalischen Bodenrecht."

Es ist insgesamt bedauerlich, daß es zur Zeit, "nach dem Ende des Sozialismus" und der großen Genossenschaften ("Neue Heimat" etc.), überhaupt kein Forum für die Diskussion ökonomischer Zukunftsfragen gibt, wo doch der Zusammenbruch der kapitalistischen Weltwirtschaft selbst nach Meinung kritischer Manager wie dem Frankfurter Bankier v. Bethmann als Damoklesschwert über uns hängt. Wie einst das kleine Holland dem feudalen Spanien durch die modernere kapitalistische Wirtschaftsform das gesamte mexikanische Gold abnahm, so brauchen die fortschrittlichen Kräfte heute eine neue kommunistische Ökonomie, die "im Schoße der alten Gesellschaft" entsteht wie einst der Kapitalismus im Feudalismus entstanden ist. Mit überlegeneren, sauberen Produkten, mit ökologischer, kollektiver Produktion und kämpferischem Verbraucherbewußtsein. "Wir" müssen die besseren Sachen haben, die schöneren Frauen und die spannendere Kultur, so etwa würde das Franziska heute sagen. Und "wir" werden am Ende auch die Kapitalisten befreien: Von Egoismus, Langeweile, Entfremdung. Von ihren Krisen und ihrem neurotisch gewordenen Geld.

Allenfalls rudimentär wird diese Diskussion aufgegriffen in den vielen kleinen alternativ-ökonomischen "Tauschkreisen", die sich in England, Schweiz, Berlin und andernorts gebildet haben. Hier aber praktiziert man wenigstens in Ansätzen die "subjektive Wertökonomie", insofern sich durchsetzt, "Lebenszeit gegen Lebenszeit" zu tauschen, d.h. die Arbeitsstunde des Professors kostet genausoviele "Kreuzer" (eigene Währung des Tauschkreises Kreuzberg) wie die der Putzhilfe, eine Akkumulation gibt es nicht.

Die Akkumulation ist ja überhaupt eines der Hauptprobleme alternativer Ökonomie: Wenn ich mein Geld einfach verschenke oder zur Bank bringe, wird ja wieder Kapital daraus und es heckt Zinsen und beutet Menschen aus. Während die meisten "Kollektive" eher das Problem haben, mit niedrigem Einkommen und Selbstausbeutung über die Runden zu kommen, ist die eigentliche Frage: Wie behandelt man Überschüsse aus kollektivem Eigentum, daß es nicht wieder zu Privatkapital wird oder dem Staat nützt? Ein erstaunlich schwieriges Problem.

Erwähnt sei das Bemühen sogenannter "linker Erben", ihre Großerbschaften aus dem Kapitalprozess herauszulösen. Beispiel Jan Philipp Reemtsma mit ca. 750 Millionen, der damit das verdienstvolle "Hamburger Forschungsinstitut" finanziert, wohl auch "konkret" und andere linke Projekte. Tom Koenigs, Frankfurt, der 1969 sein namhaftes Erbe dem Vietcong schenkte. Die "Stiftung Umverteilen" eines Großerben in Berlin, der u.a. das Taz-Haus gehört. Als Franziska von Reventlow endlich mal erbte, verballerte sie die eine Hälfte in Monte Carlo beim Roulette und machte auch da gleich wieder eine spontane Theorie daraus. Wie auch der Rest verschwand, ist Gegenstand ihres Romans.

Man kann Franziska von Reventlow für alle diese Ansätze kaum direkt zitieren, aber von weither gesehen scheinen mir einige der genannten Theorien in ihren Ursprüngen von ihr beeinflußt zu sein. Vielleicht lag es in der Luft und ist nur eine gemeinsame Äußerung des Zeitgeistes. Das sind Spuren, die genauer verfolgt werden müßten und mit besserem Inventar, als es mir hier zur Verfügung steht.

6. Der Geldkomplex
(2): Analytiker und Abenteurer

Zu dem Kreis um Professor Edgar Jaffé gehörte auch Dr. Otto Groß, zu dem sich Franziska von Reventlow vor ihren Gläubigern flüchtete.

Damit streifen wir nun das Gebiet der Heldensagen des deutschen Linksradikalismus. Denn Otto Groß hatte selbst einen Elternhaß zu ertragen, noch wesentlich gemeiner als die Reventlow, und er lebte mit Menschen wie Mühsam und vor allem Franz Jung zusammen, der 1920 das Schiff "Senator" aus Bremen entführte, um die KAPD beim Weltkongreß der Kommunistischen Internationale zu vertreten, der mit Lenin konferierte und ihn gegen Ernst Reuter (KPD-Parteiname: Friesland) überzeugte, der in der Sowjetunion mal eben eine funktionierende Zündhölzer-Industrie aufbaute, der einzige nennenswette Vertreter der expressionistischen deutschen Prosa wurde, der schon in der Weimarer Republik illegal war, der die Nazis überlebte und später an seinem eigenen falschen Grab stand, der die antifaschistische Zeitung "Der Gegner" herausgab. Dies zusammen mit Harro Schulze-Boysen, dem späteren Kopf der "Roten Kapelle" in Berlin, der mit zwei entscheidenden Funksprüchen, die er aus seinem Segelboot auf dem Wannsee absetzte, die Schlacht um Moskau und Stalingrad entschied und noch in der Todeszelle Himmler auslachte (Richter Freisler: "Ihnen wird das Lachen schon noch vergehen!" - "Nicht solange ich Sie sehe!" Antwort: Tod durch den Strang genau Weihnachten 1942).Vgl. Gilles Perrault, L´Orchestre Rouge, Paris 1967.

Diese Abenteuer hätten hundertmal verdient, in Lesebuchgeschichten die Jugend zum "Aufrechten Gang" (Bloch) zu begeistern. Es ist die immer unterdrückte Linie der deutschen Rebellion, die es immer auch gab, und wenn nur als Rinnsal. In Filmen und Büchern sollten diese realistischen Kämpfen und Siege des Fortschritts über die Dummheit erzählt und zur Nachahmung empfohlen werden, statt reizlose "virtuelle Realität" in Computern. Aber diese Verbindungslinien kennt kaum einer, man muß sie mühsam aus unbekannten Fachwerken zusammensuchen. Sie haben keine Tradition in Deutschland. Denn es sind keine Geschichten von Kapitalkriegshelden und auch keine von Parteikommunisten, und auch keine von organisierten Anarchisten, sondern von politisch undogmatischen Einzelgängern, die keine überlebenden Apparate geschaffen haben, sondern Arbeitsformen, die ihren alltäglichen Anforderungen entsprachen und die sie genauso schnell wieder ändern und aufgeben konnten.

Es stünde gerade den heutigen Freunden von Erich Mühsam gut an, diese Geschichten seiner Genossen, die in kein System passten, zu erforschen und zu verbreiten; denn erstens war Erich genau so einer, und zweitens hat er mit dem Gedicht "Streit und Kampf" die Fanfare gegen alle Partei- und Anarcho- Doktrinäre geblasen, die die allein "richtige Linie" gepachtet zu haben meinten: "Ein jedes Kampfsystem ist gut, das nicht versagt vor den Gewehren!"

1911 verläßt Franziska von Reventlow München mit ihrem Sohn Rolf Richtung Ascona/Schweiz, um in den schützenden Gärten einer privaten Nervenklinik auf "das Große Geld", ein großes Erbe zu warten. 1911 kommt Franz Jung nach München und lernt zu seinem Bedauern nur noch die versprengten Reste der Bohème kennen und kann nichts mehr von ihrer einstigen sozialrevolutionären Sprengkraft entdecken, begibt sich aber gleichwohl mittenhinein in die Clubs und Kreise, die er vorfindet. Wenn man in seiner bedeutenden Autobiografie "Der Torpedokäfer" die zehn Seiten über Erich Mühsam und den "Tat"-Kreis liest, kann man nur bedauern, daß dieser scharfsichtige Zyniker die Reventlow nicht mehr kennengelernt hat. Bei allen anderen Zeitgenossen, einschließlich Mühsam, ist nur zu offensichtlich, daß Begeisterung und Verliebtheit für Franziska die Feder führten, außer bei Thomas Mann, der verständlicherweise für ihre erotische Ausstrahlung keine Ader besaß. Franz Jung ist an allem interessiert, was rebellisch, zersetzend, staatsfeindlich wirkt, dabei bleibt er völlig nüchtern, unpathetisch, objektiv, modern:

"Ich hatte mich dem Kreis um Erich Mühsam angeschlossen. Gustav Landauer war unser Prophet. Wir gerieten in die Bewegung der Syndikalisten, mit denen der Kreis um Mühsam, der sich Gruppe Tat nannte, in Verbindung stand. Es gibt eine Fiktion von der anarchistischen Bewegung, die als Bürgerschreck aufgezogen wird. Der Italiener Luccheni, der die Kaiserin Sissi erstochen hat, der Pariser Autobandit Garnier, die Bomben und die russischen Emigranten aus der Revolution 1905, Winitschenkos Roman "Ehrlich zu sich selbst", der von Männerbordellen spricht, die von Frauen als zahlende Gäste besucht werden - Winitschenko ist übrigens später erstaunlichrweise Präsident der Ukraine unter der ersten deutschen Okkupation gewesen -, das waren so einige Helden und Grundsätze, die in der Gruppe Tat diskutiert worden sind...

Ich habe unter den Anarchisten nur einfältige, bescheidene Leute getroffen, von ausgesprochen kleinbürgerlichem Zuschnitt mit der Sehnsucht nach einer Moral, die den einzelnen und die Menschheit leiten wird...Das muß früher oder später nach innen schlagen, sobald die äußeren Ziele schwinden oder sich schärfer abzeichnen in dem Sinne, daß eine persönliche Entscheidung getroffen werden muß. Wer sich dann umbringen will, wird ins Irrenhaus gesteckt. Andere pflegen dann ihren Körper und nähren den Geist in übersinnlichen Gefilden wie die Kühe auf der grünen Weide. Die Mehrzahl der amerikanischen Anarchisten sind bei den Rosenkreuzern gelandet, Jack London bei den Spiritisten...Ich sage das alles nicht im Bösen, es sind trotzdem prächtige Menschen..."(S.72)

Wie genau beobachtet, und wie desillusionierend: Dasselbe könnte nach 1968 oder nach 1989 geschrieben sein... Franz Jung traf auf Otto Groß, der ein mitreißender, revolutionärer Denker gewesen sein muß. In der Jung-Chronik von Mierau heißt es kurz und bündig (S.16):
"1912 Ende des Jahres: Franz Jung plant mit Dr. Otto Gross die Zeitschrift "Organ für psychologische Probleme des Anarchismus," ein Organ, daß mancher auch heute bitter nötig hätte...

Ich will kurz sein weiteres Leben erzählen, bevor wir uns seiner Rolle im "Geldkomplex" zuwenden. Der Vater Hans Groß war Professor für Kriminalistik in Graz, gilt als Erfinder der Daktyloskopie. Um seinen Sohn "zur Vernunft zu bringen", erwirkt er 1913 dessen polizeiliche Verhaftung und Einweisung in die Landesirrenanstalt Troppau und läßt ihn entmündigen. Der Schweizer Psychiater C.G.Jung ist dem Grazer Professor gern behilflich gegen den Konkurrenten. (beide Freud-Schüler!) Er attestiert bei Groß "dementia praecox, eine homonymische Störung". Per Ferndiagnose: ein Skandal jagt den nächsten. (Grosz/Jung/Grosz S.9) Franz Jung, cool -genialer Freund und Kämpfer (-falls ich mal im Gefängnis lande: Solche Freunde, wünsch´ ich mir-), überzieht den Vater mit einer europaweiten Pressekampagne und bekommt Dr. Otto Groß im Juli ´14 frei, der inzwischen in Troppau schon als (unbezahlter) Assistenz-Arzt beschäftigt wurde. Ludwig Rubiner in der Zeitung "Aktion" von Franz Pfemfert:

"Das Abwürgen des Dr. Groß durch seinen Vater ist typisch. Wir werden diesen Typus sprengen. Die Irrenwärter, Vermögensverwalter, Staatsbeamten halten zusammen... Wir vernichten ihre Stellung, wir untergraben ihre Ehre, wir zerstören ihren Besitz."

Die 68er hatten dafür den Begriff establishment, und die Kämpfe ähneln sich aufs Haar. Auch das Ende. Verzweifelt über den Ausgang der Revolution, - und wohl auch verzweifelt über so vieles andere-, wird Otto Groß Kokser, Junkie, beklaut alte Freunde. Auch Jung will am Ende nichts mehr mit ihm zu tun haben:

"Der Stern eines großen Kämpfers - der Stern ist explodiert, erloschen und untergegangen; die Zeit war nicht reif, das Gesindel der Satten zu zahlreich. Vorläufig ist der einzelne noch machtlos gegen sein Verhängnis." (Grosz/Jung/Grosz S.9)

Gebrochen und unerkannt verreckt er 1920 in irgendeinem Bahnhof, obdachlos in Berlin, bei winterlichem Schneegestöber, wenn ich mich recht erinnere. Er wurde 42 Jahre alt.-

Das alles sind Geschichten, die noch erzählt werden müssen.

Der Roman "Der Geldkomplex" von Franziska von Reventlow behandelt die Zeit davor, es ist erst 1912-13, Otto Groß heißt Dr. Baumann, und es ist sehr amüsant, wie der große Analytiker an dem Witz der Reventlow gnadenlos scheitert, die aber auch gar nicht daran denkt, sich wirklich analysieren zu lassen.

Dr. Otto Groß´ bedeutende Lehre, angesiedelt zwischen Freud und Wilhelm Reich, hier darzustellen, fehlt der Raum. Mühsam-Freunde finden etwas darüber in dem Beitrag von Wolfgang Haug in Heft 3, ansonsten empfehle ich Hurwitz: "Otto Gross. Paradies-Sucher zwischen Freud und Jung". Oder weiter im "Torpedokäfer":

"Die bedeutsamste Rolle für die sozialkritische Aufspaltung der "guten alten Zeit" hat die Psychoanalyse von Sigmund Freud gespielt. Der Höhepunkt im Streit um die richtungsweisende Interpretation der Freudschen Grundregeln zwischen den von Freud abgefallenen Schülern war vorüber. Otto Groß, in München Assistent in der psychiatrischen Universitätsklinik unter Kräpelin, war bereits nach Ascona abgewandert und bereitete sich auf eine Privatdozentur vor. Er hatte einen Kreis von Anhängern um sich versammelt: Leonhard Frank, Karl Otten, Frick. Groß hatte den Plan, in Ascona eine freie Hochschule zu gründen, von der aus er die westliche Zivilisation anzugreifen gedachte, die Zwangsvorstellung der Autorität, die von dieser getragenen sozialen Bindungen, das Zerrbild einer parasitären Gesellschaft,... die Aufhebung der Sexualmoral, "freie Liebe" ohne die Dunkelkammerassoziationen unserer Zeit.

Aus der heilsamen Explosion, die selbst von der medizinisch-therapeutischen Anwendung der Psychoanalyse in ihren ersten Anfängen ausgelöst worden ist, hätte sich eine revolutionäre Bewegung entwickeln können weit über die engere politische und soziale Zielsetzung hinaus, hätte nicht Freud selbst die Tür zugeschlagen mit dem unheilvollen Ausspruch: wir sind Ärzte und wollen Ärzte bleiben. Freud selbst hat sich zwar an diesen Grundsatz selbst nicht gehalten, als er später die Untersuchung über das"Unbehagen in der Kultur" schrieb. Da hatte er aber niemanden mehr hinter sich, der bereit gewesen wäre, für ihn in die Arena zu steigen."(S.67-68)

Ich bringe das so ausführlich, um die satirische Fallhöhe klarzumachen, die Franziska zu Reventlow im "Geldkomplex" erreicht. Sie pfuscht mit ihrem hellen Verstand und ihrer Lachsucht mitten rein in diese neue, noch unsicher-gravitätische Wissenschaft und zeigt sie als Scharlatanerie oder einfach überflüssig. Und das mit plaudernder Beiläufigkeit, als bemerke sie den Skandal nicht. Mir fällt kaum ein passender Vergleich dazu ein; es wäre etwa so, als würde man heute Bill Gates´ Internet auslachen, weil man doch auf dem billigsten Cassettenrecorder auch alles hören kann was man will.

Die Szenerie ist der Klinikgarten eines Nervensanatoriums, in dem Dr. Baumann ihr Unterschlupf vor ihren Gläubigern gewährt. Er versucht immer, ihr einen sexuellen Verdrängungskomplex anzuheften, was in ihrem Fall offenbar ziemlich daneben liegt. Eher verspürt sie einen "Geldkomplex", d.h. das -fehlende- Bargeld bestimmt all ihr Fühlen und Handeln. Die Autorin kommt mit den Kranken ins Gespräch und schließlich zu diesem Ergebnis:

"Nach meinem Gefühl wären fast alle Psychosen in erster Linie mit Geld zu heilen. Hätte der rebellische Pfarrersohn Geld, so brauchte er weder zu seiner Familie zurück noch eine neue Weltanschauung, sondern würde sich nach Herzenslust amüsieren und, da schon ein Glas Wein und ein bißchen Geschwätz ihn aufleben läßt, bald geheilt sein.- Der Landmann könnte um die Welt reisen und über den Wundern der kalifornischen Schweinezucht seinen Trübsinn vergessen. Auch die Witwe möchte sich über den unverbesserlichen Baulöwen trösten, wenn er ihr ein anständiges Vermögen hinterlassen hätte. Aber das sieht wohl kein Nervenarzt ein, und es nützt ja auch nichts, wenn er es einsähe. Man kann nicht von ihm verlangen, daß er seine Patienten auch noch finanziert." (Der Geldkomplex, S.21)

Unter schallenden Gelächter bleibt nicht nur die Psychoanalyse auf der Strecke, sondern gleich noch alles, was dem modernen Gimpel heilig ist: Emanzipation, Kreatives Schreiben, Identifikation und Arbeit. Hier ein Auszug aus dem "Geldkomplex", der die satirische Meisterschaft der Reventlow zeigt und gleichzeitig ihre tiefempfundene Aversion gegen die bürgerliche Frauenemanzipation. - was irritieren mag. Aber auf eine vertrackte Weise behält sie recht:

"Mein Tischnachbar, der Privatdozent Lukas, ist Gott sei Dank nur überarbeitet. Ich unterhalte mich gern mit ihm, nur ist er mir zu sehr Reformmann und hat extravagante Ideen über die Erwerbstätigkeit der Frau - er ist Nationalökonom.

Gegenüber sitzt eine Medizinstudentin, die ihm natürlich sekundiert, ihr Steckenpferd ist das weibliche Gehirn, das trotz irgendwelcher Unterschiede ebenso brauchbar sein soll wie das männliche. Über dieses Gehirn wären wir neulich beinah hart aneinandergekommen. Das verblendete Mädchen trat aufs lebhafteste dafür ein, daß möglichst viele Frauen sich den wissenschaftlichen Berufen zuwenden sollten und dabei bessere Chancen hätten als in anderen. Dr. Lukas hielt das Erwerbsleben für noch geeigneter, und ich meinte aus tiefster Überzeugung, daß wir überhaupt zu keiner ernstlichen Tätigkeit taugten, nicht einmal zum Schneidern oder Kochen, denn jeder Schneider oder Koch macht es immer noch besser. Und die sogenannte geistige Arbeit ist vollends ruinös und schrecklich. (Ich war den Tag gerade schlechter Laune, und es tat mir wohl, meinen Empfindungen freien Lauf zu lassen, um so mehr, wenn ich jemanden damit ärgern konnte.) Die Medizinerin setzte ihren Zwicker auf und sah mich fast erschrocken an: "Aber Sie sind doch selbst Schriftstellerin..."

Ach Barmherzigkeit, wie kommt sie zu dieser Kenntnis? Du weißt ja, Maria, ich kann das nun einmal nicht vertragen und habe gegen das bloße Wort eine förmliche Idiosynkrasie. So fuhr ich denn auch diesmal auf wie von sechs Taranteln gestochen und sagte: Nein, ich sei gar nichts. Aber ich müsse hier und da Geld verdienen, und dann schriebe ich eben, weil ich nichts anderes gelernt hätte. Gerade wie die Arbeitslosen im Winter Scnee schaufeln - sie sollte nur einen davon fragen, ob er sich mit seiner Tätigkeit identifizieren und sein Leben lang mit "Ah, Sie sind Schneeschaufler" angeödet werden möchte.

Das verstand sie nicht und sagte etwas von der Befriedigung, die alles geistige Schaffen gewähre. "Nein, die kenne ich nicht, aber ich habe manchmal davon gehört", wagte ich hier zu bemerken, "was mich selbst in solchen Fällen aufrechterhält, ist ausschließlich der Gedanke an das Honorar."

Daraufhin ließ sie mich, nicht aber das weibliche Gehirn fallen und behauptete, immerhin müsse doch auch meines so organisiert sein, daß ich etwas damit leisten könne. "Aber ganz im Gegenteil, es leidet unendlich darunter. Es gibt doch so etwas wie Gehirnwindungen, und ich fühle tatsächlichbei jeder geistigen Anstrengung, wie mein Gehirn sich darunter windet. Nein - ich glaube unbedingt an den Schwachsinn des Weibes, und zwar aus eigener schmerzlicher Erfahrung. seien wir nur ehrlich, liebes Fräulein Doktor", fügte ich versöhnlich hinzu,"wenn unsere Gehirne wirklich so viel taugten, wären wir doch alle beide nicht hier."

Das aber nahm sie sehr übel und beteuerte, ihr Nervenleiden beruhe nur auf erblicher Belastung."(Der Geldkomplex, S.21-23)

Sie ist doch selbst eine Frau und redet der weiblichen Rücktändigkeit das Wort? Der Leserin sei versichert, daß dies wirklich Franziskas Denken ist, nicht etwa ironisches Spiel mit dem Rollen-Ich. Sie lehnt die Integration der Frau in das Arbeitsleben ab, weil es für Frauen ungesund, gefährlich und unmenschlich ist. Sie haßt die Suffragetten, weil sie meint, der Weg der Männer sei nicht der richtige, zumindest nicht für Frauen. Damit hat sie recht. Es ist für niemand das Richtige. Die Einordnung in den kapitalistischen Verwertungsprozess erzeugt Neurosen, Krankheit, Entfremdung, Unglück. "Abgearbeitete Frauen sind etwas Greuliches", schreibt Franziska (Tagebuch 12.4.98). Abgearbeitete Männer auch.

Wir kommen nun zum schönsten Teil der Geschichte, dem "großen Fischzug", den sie mithilfe Erich Mühsams unternahm und der sie schließlich in das Schweizer Sanatorium führte. Erich Mühsam hatte während seiner "Wanderjahre" 1905 in Ascona "einen der Ulkigsten" kennengelernt, den baltischen Baron Rechenberg. Ein Mensch wie eine lebende Satire auf Bakunin: Ein Riese, fett, Säufer und taub.
Und unsterblich in eine Waschfrau verliebt. Sein Vater würde ihm 200 Tausend (?) vererben, wenn er standesgemäß heiratet. Man fragt bei Mühsam an, ob er nicht jemand wüßte. Da "rief ich augenblicklich: "Die Gräfin! " Fanny Reventlow, das gräfliche Aschenputtel, das gerade in der allerschlimmsten pekuniären Notlage brät, wird gesucht. Sie hat ihre Wohnung verloren.- zum wiederholten Male-, und weiß nicht aus noch ein. Diesmal ist sie wirklich ganz unten. Sie hat die Wahl zwischen dem Job als "Privatsekretärin" bei dem ekligen Professor Jaffé, der sie immer besabbern will und einer ungewissen Zukunft als "Kassiererin" in einem Pariser Kunst-"Salon". In dieser Situation trifft sie Mühsams Angebot an.

"Gräfin", sagte ich, "Sie sollen eine Baronin werden." - "Sie sind wohl verrückt", entgegnete sie, und dann setzte ich ihr die Geschichte auseinander. "Wie heißt der Kerl?" fragte sie nach kurzer Überlegung und meinte dann: "Rechenberg ist ganz praktisch. Da brauche ich ja nicht einmal die Monogramme in den Taschentüchern umzusticken." Sie beauftragte mich, die Rechtsverhältnisse nach den russischen Gesetzen zu ermitteln, mich mit dem Balten direkt in Verbindung zu setzen und alles zu tun, was die Sache fördern könne. Dann reiste sie ab."

Nach Paris. Die Sache kommt ins Rollen. Franziska wird "Miterbe" und soll die Hälfte kriegen, ein Vermögen. 1912 findet die Trauung in Locarno statt - "wegen Rußland" in der Kirche. Und wieder spottet die Reventlow allem Heuchelkram: Sie erscheint im Strandkleidchen, rauchend und kichernd, während ihr Gatte, "der Seeräuber", Matrosendress vorzieht. Nur einer war richtig froh:

"der Schwiegervater, der keine Ahnung hatte, daß das Ganze eine Komödie war, voll Glück, daß dem mißratenen Sohn sogar eine leibhaftige Gräfin beschieden sei, in Bratenrock und Zylinder. Als er dahinterkam, was es mit der ganzen Heiraterei auf sich hatte, war es zu spät. Dann erhielt ich eine Karte mit der Mitteilung, die Erbschaft sei fällig. "Hoffentlich gibt es keine Mißernte." Na, es gab lange Prozessiererei und schließlich nicht die erhofften hunderttausend, doch aber an die vierzigtausend Franken, eine für die Gräfin märchenhafte Summe.", so Erich Mühsam.

Der Roman "Der Geldkomplex" schildert genau diese Zeit des nervösen Wartens auf das große Geld. Schließlich ist sie wirklich reich, und das Geld verändert sie vollkommen: Zum ersten Mal in ihrem Leben tut sie etwas bürgerlich Korrektes. Statt alteFreunde zu unterstützen, Notleidenden zu helfen oder im egoistischen Konsumrausch zu versinken, gibt sie das Geld auf eine große Schweizer Bank. Vierzehn Tage später bricht ausgerechnet dieses angesehene Geldinstitut zusammen und alles ist verloren.

"Es scheint kein Segen an dem Geld gehangen zu haben", schreibt sie melancholisch an Mühsam. Das Geld kommt nur zu dem, der es mehr liebt als als alles andere. Aber Franziska liebte das Leben mehr und am meisten liebte sie ihr Kind.


7. Mutterliebe und Mutterhass

Franziska hätte sich selber nie als Autorin definiert, die Wichtiges zu sagen hat. Für sie war das Wichtigste im Leben ihr Sohn. Dazu wieder Erich Mühsam (Namen und Menschen, S.149):

"Was die Gräfin anlangt, so war es ihr recht gleichgültig, was die Leute im Reich, die Leute in Lübeck und zumal die Leute der Kaste, aus der sie stammte, dachten. Sie ging ihren Weg und lebte, wie es ihr paßte und wie sie es ihrer Lebensaufgabe schuldig zu sein glaubte. Diese Lebensaufgabe aber konzentrierte sich fast vollständig auf die Pflege und Erziehung ihres Kindes. Unter allen reichen Eigenschaften, die Franziska zu Reventlow auszeichneten, dem herrlichen Lebensmut trotz ewiger Krankheit, Mißgeschick und quälendster Armut...- unter allen diesen Tugenden ruhte der seelische Halt der Frau ganz und gar in ihrer Mutterliebe."

Nach einer Fehlgeburt 1894 wurde der Sohn Rolf am 1.9.1897 unehelich geboren, von Walter Lübke war sie seit 1986 wegen Untreue schuldig geschieden. Den Vater "A." hat sie, auch im Tagebuch, niemals genannt; es war eine flüchtige Beziehung und sie war froh, ihn nie wiederzusehen, bekam auch keinerlei finanzielle Unterstützung für das Kind, - immerhin ein illegitimer dänischer Thronfolger. Zum Amtsvormund wurde der Autor (und spätere Begründer einer recht willkürlichen psychologischen Typenlehre) Ludwig Klages bestellt, der auch sonst im Leben der Reventlow etwas Ordnung zu schaffen versuchte. Fanny Reventlow spottete zu Theodor Lessing über diesen "Rettertyp" und "wichtigsten Mann in meinem Leben", daß Klages sie "übermächtigen, sie geistig beherrschen und durch seine geistige Persönlichkeit erreichen wollte, was doch dem Mann in ihm versagt blieb." (H.Fritz S.63 / S.77: Klages seinerseits giftete zurück: "Übrigens kann nicht verschwiegen werden, ihre Sehnsucht nach sinnlich-seelischem Rausch war größer als als ihre Fähigkeit dazu." - Offenbar ist sie bei ihm nie richtig gekommen.)

Rolf Reventlow (ohne Adelstitel) wuchs in München auf, wo Franziska sie mit umfangreichen Übersetzungen aus dem Französischen über Wasser hielt, aber manchmal auch in einem Bordell bei "Madame X." verkehrte, um die Milch für ihn bezahlen zu können. 1910 übersiedelten sie nach Ascona in der Schweiz. Franziska entführte ihn 1917 aus der deutschen Armee, wohin er geraten war, weil er Krieg für ein Indianerspiel hielt. 1918 starb Franziska, Rolf wurde nach Deutschland abgeschoben, führte ein abenteuerliches Wanderleben, lernte Fotograf, Filmkopierer, landete endlich politisch erwacht bei der USPD und 1936 im spanischen Bürgerkrieg, floh vor Franco, schrieb ein Buch über Spanien, blieb 15 Jahre im Exil in Algerien, kam 1953 in die BRD zurück, wurde Gewerkschaftsredakteur und bis zuletzt in der Münchener SPD ein linker Gegner von Oberbürgermeister Vogel. Er war sein Leben lang Rebell und solidarisch mit der Arbeiterbewegung, offenbar hat Franziskas übergroße Mutterliebe seinen Charakter nicht verbogen und ihn auch nicht verweichlichen lassen. 1981 starb er kinderlos.

In dem schon mehrfach zitierten Buch von Helmut Fritz ist ein launiges Interview mit Rolf Reventlow aus dem Jahre 1979 abgedruckt, von dem ich einige Antworten auszugweise wiedergebe (H.Fritz S.117ff):

"Ich war der Sohn, den sie vergöttert hat. Das ist sehr angenehm für Söhne. Zum Beispiel war sie der Auffassung, daß das arme Kind doch nicht in den Schulzwang eingefügt werden sollte. Das hat mir den Drill erspart und manche Paukerei. Sie war ja ausgebildete Lehrererin und konnte mich selbst unterrichten. Sie hat mir viel aus dem Homer vorgelesen, die griechischen Götter sind mir heute noch ein Begriff. Übrigrens hat sie mich nicht nur wegen ihrer teilweise anarchistischen Auffassungen vom Schulzwang befreien lassen, sondern da war auch ein Rest von aristokratischem Hochmut im Spiel: daß man das Kind nicht in die Massenschule schicken kann.

Die Aristokraten konnte sie überhaupt nicht leiden. sie nannte sie immer "die Aristokratenbande". Das war aber mehr eine Opposition gegen die Enge des Milieus, besonders gegen die Vorstellung, daß ein junges Mädchen aus "höherem Haus" dies und das nicht machen darf. Sie war auch gegen alles Offiziersmäßige, gegen den Kommiß, gegen den Krieg -- aber das war bei ihr rein impulsiv und entsprach keiner theoretischen oder sonstigen Überlegung.

Die Frauenbewegung lehnte sie ab, die war ihr zu dogmatisch... Sie glaubte, daß sie auch ohne Stimmrecht emanzipiert genug sei.... Sie war eine sehr scharfe Kritikerin dieser Leute um Klages, Schuler und George, sie sah sehr genau die abstrusen und lächerlichen Vorstellungen, bei denen das Wort BLUT verdächtig oft vorkam. Damals hat sie immer mit einem Revolver unterm Kopfkissen geschlafen...

Meine Mutter war ein unpolitischer Mensch. Den Krieg hat sie nur wahrgenommen als Bedrohung, daß man ihr den Sohn wegnehmnen könnte. Sie war antimilitaristisch von Grund auf, sie bekam Lachanfälle, wenn sie Soldaten die Wache ablösen sah....

Typisch war ihre Beziehung zum Geld. Sie hatte eine Gewohnheit: Wenn sie Geld bekam, von irgendwoher, ein Honorar, dann hat sie die Zehn-Mark-Stücke,- damals gab es noch Zehn-Mark-Stücke in Gold - die hat sie dann in der Wohnung herumgeschmissen und sich später gefreut, wenn sie wieder in der Not eins gefunden hat in irgendeiner Ecke..."

Der Sohn war offenbar wirklich das Sonnenscheinchen, das Franziska sich erträumt und erhofft hatte. Das Tagebuch ist voll von rührenden mütterlichen Glücksbekundungen, wie dreckig ihr es auch sonst immer gerade ergehen mochte. Nun erst meinte sie ihren Lebenszweck gefunden zu haben. Sie war süchtig nach dem Zusammensein mit dem Kind wie vorher nach Feten und Vergnügungen. Sie lebte für ihr Kind.

Die Quelle dieser Affenliebe ist leicht zu finden, es ist die ungeheure Enttäuschung über die Kälte ihrer eigenen Mutter. Franziska versuchte an ihrem eigenen Kind die Verbrechen gutzumachen, die an ihr als Kind begangen wurden. Die alte Gräfin Rantzau sah entsprechend preußischer Erziehungs-Tradition in ihrem vierten Kind nur den zu brechenden Willen und die zu fordernde Unterwerfung unter die Beschränktheit und Rückständigkeit ihrer Kaste, damit sie an einen passenden Ehemann verheiratet werden konnte - wahrlich eine Horrorvorstellung für jede junge Frau, noch dazu eine, die vor Ironie, Lebenslust und Wahrheitsdrang förmlich platzte wie die quirlige Franziska. Statt stolz zu sein auf diese außergewöhnliche Tochter, empfand die Mutter nur Angst: Angst, das Kind könnte sie blamieren und in der feinen Gesellschaft "unmöglich" machen, Angst vor "Gerede" und "Unordnung"... und Angst sicher auch im Unbewußten, wo ihr die Jugend vorführt, was sie selbst im Leben versäumt hat, die Hohlheit und Sinnlosigkeit ihres eigenen Weges. Dieses ständige Infragestellen hielt die frustrierte Gebärerin nicht aus.

Diese entsetzliche Frau hat alles versucht, um Franziska zu brechen. Sie hat sie eingesperrt und geschlagen, in ein fürchterliches Gefängnis-Internat gesteckt, sie angeschrien und verstoßen, ihr weder Freundlichkeit noch Liebe geschenkt, sie in Einsamkeiten nicht getröstet, sie nicht aufgeklärt, ihr keine Intimsphäre gewährt. Sie brach mit Gewalt in Franziskas Geheimnisse ein, hat ihre Post gelesen, ihre Bekannten vertrieben, ihr nicht verziehn, sie enterbt und aus dem Haus gejagt, die anderen Familienmitglieder gegen sie aufgehetzt und mit Druckmitteln aller Art den Umgang verboten. Sie hat - die widerlichste Untat - der freigeistigen intelligenten Franziska die dumpfen lübschen Pfaffen an den Hals gehext, um sie "zur Umkehr zu bewegen". Sie hat sie aus ihrer Heimat vertrieben. Sie hat ihren Enkel verschmäht und nie sehen wollen, sie hat sich mit der Gewalt preussischer Artillerie die schönsten Oma-Gefühle aus der mächtigen Brust gerissen. Sie hat, die reiche Schloßherrin in Samt und Seide, ihren Enkelsohn mitleidlos hungern und im Elend hausen und die eigene Tochter im Bordell anschaffen lassen. Eine mögliche Versöhnung mit dem Vater hat sie hintertrieben: selbst an sein Sterbebett in Lübeck durfte Franziska nicht zurück; erst als er tot lag, konnte sie unter Bewachung durch den Pfarrer ein paar Minuten lang die Leiche beweinen. Franziskas kleine Novelle "Der Vater" gibt ein herzzerreißendes Abbild dieser Situation. (Autobiografisches S.78, sh. Anhang.)

Was in der gräflich Reventlowschen Ehe los war, oder nicht los war, und wer in der Familie das Sagen hatte, kann man erahnen, wenn man sich daran erinnert, daß die Abneigung des alten Landdrosts gegen alles Preussische legendär war in der Hansestadt....Endlich in Schwabing, dem unmittelbaren Terror Lübecks glücklich entronnen, beginnt Franziska ihr Tagebuch (14.Juni 1895):

"Vor 2 Jahren Todestag meines Vaters, vor einem der meines Kindes, und dazwischen ist mein ganzes früheres Leben gestorben. Wie ruhig und kalt denke ich jetzt an meine Mutter, an die Geschwister, wie man an Tote denkt."

Gerade die totale Austreibung aus der Familie deutet auf neurotische Bedürfnisse der Mutter als Familienchefin hin, sonst hätte ja auch eine "einfache" öffentliche Lossagung gereicht, um die aristokratische Ordnung zu befriedigen. Aber nein, ein regelrechter Bann wurde durchgesetzt und allen Angehörigen der Umgang mit Franziska verboten. Und jeder hält sich daran, bis die Mutter tot ist.

Aber wer weiß, wozu es gut war, daß die Aussöhnung mit der Familie so sicher hintertrieben wurde. Womöglich hätte der Nazi-Bruder Ernst mit aller Macht die unzensierte Veröffentlichung der blamablen Schriften und Tagebücher zu verhindern gewußt, und sei es gegen eine kleine Versorgung für ihren geliebten Sohn, man kennt solch schändliches Vorgehen zu Genüge aus der deutschen Literaturgeschichte: die unersetzlichen Heine-Memoiren sind so im Orkus verschwunden.

Man fragt sich, was für Franziska von allem das Schlimmste war. Die dauernde Armut, weil enterbt? Das nie erhörte Betteln um Liebe? Die Demütigung des öffentlichen Rauswurfs? Ich vermute: Die Selbstgerechtigkeit der Mutter. Das ganze Leben ihrer Tochter darf vor die Hunde gehen, Hauptsache der Standesdünkel wird gewahrt! Was sich hier austobt, ist nicht nur die neurotische Liebesunfähigkeit einer wohl ungliebten Frau, sondern der durch Umfeld, Ideologie und Erziehung hervorgerufene Schrecken darüber, daß sich Franziska ausgerechnet mit den Feinden ihrer Einkommensverhältnisse einließ. Zuerst, schon schlimm genug, mit den jungen bürgerlichen Aufrührern vom Ibsen-Club, dann mit Künstlern, Armen, Unbehausten, schließlich mit Anarchisten und Bombenlegern, mit all der revolutionären Hefe, die dreißig Jahre später tatsächlich ihrem Kaiser und dem gewohnten Kastensystem den Garaus machen sollte. Vom diesem Ende her gesehen hatte die alte Gräfin recht: gegen das Aufkommen der unverschämten "Kanaille" (Thomas Mann, Buddenbrooks) mußte man mit allen Mitteln vorgehen, selbst wenn das eigen Fleisch und Blut davon betroffen werden sollte. Über diesen Graben durfte sie als gelernte Aristokratin, und das war das einzige, was sie gelernt hatte, keine Brücke zulassen. Die Alte Rantzau hatte denselben Antrieb, denselben Seinsgrund wie ihre wilde Tochter: das unbeirrte Gehorchen und notfalls extreme Handeln gemäß ihrem Instinkt. Dem Klasseninstinkt: Die Verteidigung einer den Untergang schon spürenden nutzlosen Herrenkaste, organisiert durch Kirche und herrschende Moral, aber exekutiert - von den Müttern.

"Ich muß mich beim Schreiben dieser Zeilen vorsichtig bewegen.. Es ist Dynamit, das ich mich deswegen zu jeder Gegenwehr berechtigt. Wehr gegen ein machtloses Wesen, das davon nichts ahnt und keine Chance hat, zu verstehen oder sich irgendwie zu verhalten, um Liebe zu bekommen. Das ist die "verfolgende Unschuld", die Karl Kraus am deutschen Nationalcharakter erbittert hat. Um ihren Charakterpanzer zu schützen, wendet die preussische Mutter dieselben Mittel an wie später ihr Sohn Ernst und seine Nazifreunde, erbarmungslose Gewalt gegen alles, was daran erinnert, wie nicht mißhandelte Menschen sein könnten: vielfältig, offen, liebesfähig, rebellisch und frei. Man kann bei Alice Miller nachlesen, oder es an der Geschichte der KZ-Betreiber studieren, wie die Wiederholung der ungeliebten Kindheit am eigenen Nachwuchs durch die Generationen funktioniert und welche Eichmänner dabei entstehen. Ich kann das gut verstehen, die Mütter meiner Generation waren genauso, die zu 99 % Hitler gewählt hatten und uns dann nach dem Krieg mit der Unteroffiziersmaxime traktierten: "Schade um jeden Schlag, der vorbei geht."

Und selbst nach ihrem Tod, wenn eigentlich alles vorbei sein könnte, beherrschen diese "preussischen" Mütter noch die Alpträme ihrer Kinder, und das Grauen geht weiter in der folgenden Generation, die wieder nicht versteht, wie ihr geschieht.
Franziskas Tagebuch (ca. 10. Dezember 1905):

"Denselben Morgen Nachricht von Mamas Tod. Einen Tag doch etwas Heimweh und melancholisch. Nachher mehrmals von ihr geträumt, da war sie so gut und sanft, wie ich sie fast nie erlebt habe. Überhaupt wirres Zeug geträumt von einem Faschingsfestspiel, wo Tiere sich gegenseitig auffraßen, immer die größeren die kleineren und schrecklich aneinander würgten. Und immer von Mama. Mir ist so himmlisch leicht im Gemüt..."

Klar ist ihr "leicht", jetzt, wo das Monster tot ist. Mir erschien danach meine Mama noch als Gespenst in der Küche....Es bräuchte Millionen Franziskas, um die unselige Tradition liebeloser Kindererziehung zu beenden und diese Gespenster endgültig zu verjagen. Aber wenigstens eine hat bewiesen, daß es möglich ist.


8. Ehe, Männer und Sex

Wir nähern uns nun der Frage nach den inneren Motiven der Reventlow. Warum nahm sie keinen Antrag ihrer vielen Verehrer an, der sie "versorgt" und wenigstens vorm Hungern bewahrt hätte? Warum widerstand sie allen Versuchungen zu "bürgerlicher Wohlanständigkeit"? Woher nahm sie ihre souveräne Kraft und welchen Preis mußte sie für ihre Nichtanpassung bezahlen?

Sie kannte die Ehe ihrer Eltern. Sie wußte, zu welcher Unterordnung und Selbstaufgabe gegenüber einem standesgemäßen Langweiler vom Typ Offizier oder Landedelmann sie die Erziehung im Adelsstift abrichten sollte. Sie erfuhr von ihren Männerbekanntschaften den Horror, das lebenslange Aneinandergekettetsein, das die Gatten in Kneipen und zu Geliebten fliehen ließ. Die Frage war eher, warum nach all diesen Erfahrungen immer noch Menschen so bescheuert sein konnten, sich unter dieses Joch zu spannen. Ibsen war gerade modern und seine literarische Abrechnung mit der Ehe als Versorgungsanstalt und ihrer doppelten Moral, und sie las und übersetzte Maupassant, Flaubert und Zola, die avancierten französischen Beschreiber des bürgerlichen Elends. Warum Leute heiraten, wußte sie. Und das machte sie Gruseln (Tagebuch 25.2.1895):

"Ich fürchte mich vor meiner Furcht, vor den Schreckbildern meines Hirns, das beginnen könnte, sich zu trüben, vor der Mögichkeit einer Halluzination. Manche treibt diese Furcht zum Heiraten, um nicht allein mit seiner Angst beiben zu müssen. Das ist fehl gerechnet. Entweder wird dich zu zweien die Furcht vor den Gespenstern deines Hirns verlassen oder sie wird sich verkörpern, verkörpern in dem, mit dem du allein bist. Am selben Tage, in der stillsten, tiefsten Nacht, mitten in der heißesten Umarmung wird deine Angst wieder aufschrein, dir wird die wahnsinnige Furcht kommen, der andere wird sich plötzlich in ein Gespenst verwandeln, sich als Vampyr auf deine Brust kauern, oder wenn er friedlich in deinem Arme ruht, wirst du dir vorstellen, daß es eine grauenerregende Leiche ist, die neben dir ruht, oder dich wird es wie Wahnsinn anfallen, daß er plötzlich in Wahnsinn oder Mordlust sich auf dich stürzen könnte, dich erwürgen."

Heiraten aus Angst vor Einsamkeit, das kam nicht in Frage; denn die Angst wird bleiben. Und sie hatte die Erfahrung ihrer eigenen mißglückten Heirat. Ihr Tagebuch schildert den verzweifelten Kampf um ihren Mann Walter Lübke, den sie brauchte, aber nicht begehrte. Im Februar 1895 in München ist sie noch ganz zuversichtlich und macht unbekümmert Lebenspläne:
"Bis ich dreißig bin, 6 Jahre. Dann muß ich etwas können (Malen) und ein Kind haben. Bis dahin jährlich ein halbes Jahr in München. Wenn das Kind 2 Jahre alt ist, ein Jahr nach Paris, bum, bum! "(Tagebuch 20.2.95)

Aber dann erlebt sie Erfüllung bei anderen Männern, kämpft mit ihrem Gewissen und beschließt, Walter die Wahrheit zu beichten und wir erleben in ihrem Tagebuch fast schmerzhaft mit, wie sie an den Konventionen ihrer Umwelt scheitert, weil sie vor allem einem Menschen treu bleiben will: sich selbst.

"Werde Walter alles sagen, eine große Befreiung. Wenn ich auch sein Glück zerbreche, ich werde ihm dafür die Wahrheit geben, etwas weit besseres."(22.5.1895)

"Ich selbst bin so furchtbar, ja, ein Knäuel wilder Schlangen, die selten beieinander Ruhe haben."(6.7.1895)

"Ich könnte mit ihm leben, meine Gedanken, mein Streben, all das mit ihm teilen, wie mit keinem anderen, und meine Sinne, meine Leidenschaften ihm gegenüber schweigen, und was das Verhängnisvolle für unser Zusammenleben ist, sie gehen andern nach. Und bis dahinein wird er mich nicht verstehen können, eben weil er mich mit ganzer Leidenschaft liebt. Es wird furchtbar sein, ihm das zu sagen, aber es gehört mit zur vollen Wahrheit. Er muß es oft empfunden haben, daß ich kalt war, und doch weiß er, daß ich sehr sinnlich bin.Ich habe den großen, furchtbaren Fehler begangen, mein verfahrenes Leben an ein andres zu binden, noch dazu mit einer Lüge zu binden."(16.6.1895)

"Er hat mich verstanden und geliebt, wie nie jemand - und ich habe ihn belogen. Wie gut war es, in seinem Arm zu schlafen, wie bei einer Mutter, wie gut, krank zu liegen. Meine Sinnlichkeit schwieg oder sie dachte an einen andern. Sonderbar, daß ich ihm gegenüber nie eine starke sinnliche Empfindung gehabt habe."(6.7.1895)

"Ich wollte Walter behalten und die anderen alle auch - was habe ich in der kurzen Zeit alles erlebt - einen nach dem andern. Warum fühle ich das Leben herrlich und intensiv, wenn ich viele habe? Immer das Gefühl, eigentlich gehöre ich allen."(Neujahr 1896)

"Das Telegramm von Walter: "Wiedersehn ausgeschlossen." Das war alles....Ihr wißt alle nicht, was Liebe ist, seid alle hart. Es ist eine seltsame Wiederholung in meinem Leben, meine Mutter - du. Und ihr wollt lieben können."(29.2.1997)

Franziska, die Vielbegehrte, Vielgeliebte, verzweifelt daran, daß sie nicht versteht, im anderen Liebe zu erzeugen. So nimmt sie, was kommt. Ihr sexuelles Prinzip ist: Jeder, der sich ernsthaft um sie bemüht, kann sie haben. Es war immer nur "der fremde Herr", der sie reizen konnte. Das Unverantwortliche, Oberflächliche, Neue, Spielerische der Sexualität riß sie mit, darin konnte sie sich rauschhaft verlieren. Sie läßt sich von zwei Schwarzen in der Tram ansprechen, man macht Furore in Bars bis morgens und landet im Bett. Zwei Studenten besucht sie öfter, die dann eine "Luisenkollekte" für sie auflegen, und sie bedauert, daß die so wenig Geld haben. Überhaupt macht ihr zu schaffen, daß die sympathischen Männer arm sind.

Andererseits verkehrt sie mit offenkundigen Macho-Typen wie "Belami", dem Rechtsanwalt Alfred Friess. Der Herr mit dem "infamen Charme", stets mit Frack und Monokel, der Sadist, der ihren Wohnungsschlüssel klaute und sie besucht und benutzt wie und wann es ihm grad in den Sinn kommt. Man hat nicht das Gefühl, daß sie ihn mag, sie fühlt sich vielmehr verpflichtet und abhängig, seit er ihre Ehescheidung gratis besorgt hat.

Oder "Monsieur", dessen Beziehung zu ihr sich ebenfalls auf das rein Sexuelle beschränkt. "Warum gehen Liebe und Erotik für mich so ganz auseinander?" fragt sie sich zweifelnd in einer ihrer typischen Selbsterforschungen in der Neujahrsnacht. Das letzte Geheimnis, hinter das wir trotz der radikalen Offenheit ihrer Tagebücher nicht gelangen, wohl weil sie selbst zeitlebens nicht dahinterkam. Man kann mit Psychologie herumrätseln. Die kalten Eltern konnten ihr gewiß kein positives Vorbild für eine gute Beziehung liefern. Oder die schreckliche Familie erzeugte in ihr eine "Unfähigkeit zu Lieben". Möglicherweise ist es ein Fluch der Schönheit, daß schöne Mädchen sich nie um Zuneigung bemühen müssen und deswegen auch keine Erfahrung darin haben, wie man eine Liebes-Beziehung aufbaut und unter Schwierigkeiten erhält. Gerade mit Männern, zu denen sie Zuneigung fühlt, hat sie keine sexuelle Beziehung. Vielleicht hat ein früher Mißbrauch ihre tieferen Gefühle zerstört. Wir wissen es nicht. "Ein Knäuel wilder Schlangen" fühlte sie in sich wühlen. Das läßt einiges vermuten.

Und sie laboriert seit ihrer Heirat an einer ungenannt bleibenden "Unterleibserkrankung" herum, hat in den 25 Jahren ihres weiteren Lebens ständig mit dieser Krankheit zu kämpfen, hat oft Schmerzen, ohne daß aus dem Tagebuch Zusammenhänge mit sexuellen Eskapaden direkt ersichtlich wären, wie Sibylle Mulot (S.381) behauptet:

"Übersetzungen, Fischzüge (wobei die Fischzüge an einem Abend in der Sendlingertor-Bar oft soviel einbrachten wie drei Wochen hektisches Übersetzen), die Jagd nach einem reichen Liebhaber, der "nicht gar zu grauslich" war. Prompt wieder Krankheit, Operation und erzwungene Ruhe."

Aber Franziska erkennt auch selbst die Zusammenhänge:

"Es muß ja sein, das Kind soll es wenigstens gut haben, du lieber Gott, ich brauche mich wirklich nicht vor mir selbst zu entschuldigen...Entweder muß ich mich mit Schreiben überarbeiten oder die anderen Wege gehn, die ebenso ruinös sind..."

Sie wird mehrfach operiert und stirbt schließlich in Ascona auf dem Operationstisch. Ihr "Unterleib" hat sie umgebracht.

Auch mit der vielzitierten "Freien Liebe" ist es nicht weit her. Ich kenne einige Frauen, die in der Frühzeit der Berliner Studentenbewegung sich mit der Maxime: "Sei doch nicht so spießig!" die eigenen Gefühle mit Gewalt überwanden und auch mit Typen pennten, die sie nicht mochten, die daraufhin vor Ekel lesbisch wurden oder heute noch ständig Unterleibskrämpfe haben und auf Analysesofas herumliegen. Diese virtuellen Vergewaltigungen wurden sanktioniert mit dem fröhlichen Motto: "Wer zweimal mit derselben pennt, gehört schon zum Establishment". Nein, "freie Liebe" will im Gegenteil die Befreiung der Liebe von gefühlsfremden Notwendigkeiten, von Zwang, Ehe, Ehre, Eifersucht, Geldverpflichtung, Existenzsicherung, Kinderaufzucht. Insofern hatte die Gräfin oft auch keine freie Liebe, aber freier immerhin als die übergroße Mehrheit der Ehefrauen, die mit ungeliebten Männern zusammenbleiben, nur um versorgt zu sein, die "Ehehuren".

Linke Propaganda in Sachen befreiter Geschlechtlichkeit kann nicht garantieren, daß jeder Bauernlümmel sein erträumtes fotomodel kriegt und jede Franziska ihren Prinzen, wohl aber gesellschaftliche Hemmnisse und Zwänge bekämpfen, die erfüllter Liebe entgegenstehen: Warenbeziehungen und Entfremdung, Armut und Religion, autistische Süchte, mangelnde Aufklärung und Krankheiten, Vorurteile, Verbote und Strukturen. Die befreite Gesellschaft wird der Liebe Zeit und Gelegenheit bieten, Hemmungen abbauen und die Menschen und Geschlechter wirklich übereinander aufklären und bilden. Aber auch im Paradies wird es nicht immer funktionieren. Es gilt, die Ausübung der Liebe von Erwerbsrücksichten und Standesunterschieden freizumachen, und nicht, Männern Argumente zu liefern, um junge Mädchen ins Bett zu kriegen:

"Die Finanzierung durch einen ältlichen Grafen Platen aus ihrer Bekanntchaft nahm sie allerdings nicht in Anspruch. Der unangenehme Tattergreis wollte, da sie ja Sozialistin sei, von ihr freie Liebe (was er so nannte) - nein danke. Zeit ihres Lebens ärgerte sich die praktisch veranlagte Franziska darüber, daß dieser Widerspruch nicht aufzulösen war: da hätte sie immer wieder von unsympatischen Männern viel Geld haben können, aber- damit wäre sie wieder nicht "ihr eigener Herr" gewesen, und der Widerwille ließ sich nicht überwinden."(Mulot S.377)

Andererseits war Franziska oft echt verliebt und das Tagebuch spricht viel von geheimem Liebeskummer und Sehnsucht nach dem jeweils letzten Freund, der sie verlassen hat - mal wieder.

Sie litt an ihrer Unfähigkeit zu verantwortlicher Bindung, bis sie alle Liebe auf ihr Kind werfen konnte. Eine langjährige stabile Gefühlsbeziehung zu einem erwachsenen Mann hat sie nicht herstellen können. Wahrscheinlich wären die auch kaum mit der Tatsache klargekommen, sie langfristig mit anderen Liebhabern teilen zu müssen. Selbst Erich Mühsams Beziehung zu seiner Frau Zenzl war nicht frei von Eifersuchtsanfällen, obwohl er in der Theorie Eifersucht für menschenunwürdig hielt. Wäre demnach Eifersucht eine unverbesserliche ewig-menschliche Regung, die sozusagen zur Grundausstattung unserer Psyche gehört, eine "Stammhirnfunktion" wie der Psychiater sagt, und weniger eine Folge kapitalistischer Eigentumsverhältnisse, wie die bewegten Studenten 1968 glaubten?

In der Auseinandersetzung mit Gustav Landauer, Karl Kraus und Magnus Hirschfeld hatte Erich Mühsam die Propaganda für geschlechtliche Wahlfreiheit als Mittel erkannt, den Zusammenhang zwischen sexueller Unterdrückung und autoritärem Staat zu offenbaren. Er sah im Gebot der ehelichen Treue einen europäischen Wahn, "den Anspruch eines Menschen auf die Hörigkeit des anderen."(Kain 2/1913, S. 170). Zweitens wird durch das sexuelle Monopol der Ehepartner übereinander das kapitalistische Prinzip des Privatbesitzes in die intimste Sphäre einer Beziehung eingeführt, das macht Menschen zur Ware, zum Besitz. Eifersucht ist die emotionale Begleiterscheinung des Besitzenwollens, was mit Liebe (= sich schenken) nichts zu tun hat. So funktioniert die Ehe als Bollwerk der sozialen Ordnung, weil sie jeden Partner daran gewöhnt, sich zu unterwerfen, was wiederum gefügige Bürger aus beiden macht. (Baron, S. 157-158)

Wir verdanken den Vorträgen von Hubert van den Berg auf den Tagungen der Mühsam-Freunde in Berlin und Malente eine Analyse der Wirkung, die Franziska von Reventlow in ihren Kreisen und insbeondere auf die sozialreformerischen und emanzipatorischen Ansichten Erich Mühsams hatte. Die meisten Leser werden das Heft 3 der Schriftenreihe besitzen und können das dort ausführlich nachlesen. Ich zitiere praktischerweise die Zusammenfassung von Wiebke Dau-Schmidt: "Die "Frauenfrage" oder: Franziska sei Dank". Zunächst zeige Mühsam eine frauenverachtende,

"patriarchalische Denkweise, wie sie im Bürgertum üblich war. Mühsam lehnte auch die Frauenrechtsbewegung als "unnatürlich" ab. Eine Änderung tritt um 1908 ein, als Erich Mühsam nach München übersiedelt und in Schwabing unter anderem Franziska zu Reventlow kennenlernt... Bei Mühsam werden die bisher vorherrschenden pauschal diffamierenden Äußerungen durch eine neue Frauenemanzipationstheorie ersetzt, die sich allerdings nur auf den privaten Bereich bezieht. In seiner zukünftigen Gesellschaft
soll für Frauen folgendes möglich sein: "Mögen sie so viele (Kinder) gebären dürfen, wie ihr mütterliches Herz ersehnt,...mögen sie ihre Kinder haben, von welchen Vätern sie selber wollen. Dann werden wir von Frauenfreiheit und Frauenrecht reden dürfen!" Er betont entschieden das Recht der Frauen auf den eigenen Geschlechtswillen, lehnt aber Homosexualität bei Frauen ab - bei Männern urteilt er da anders."

Da haben wir die Gräfin, wie sie Erich den Kopf wäscht! Ich kann mir gut vorstellen, wie sie ihn etwas bitter lächelnd auffordert, seine abstrusen mysogynen Spießer-Theorien, die er aus dem Friedrichshagener Kreis und seiner schwulen Wander-Freundschaft mit Johannes Nohl mitgebracht hatte, an ihrem Beispiel zu explizieren und wie er an ihrer selbstbewußten Praxis scheitert. Man könnte eine hübsche Gesellschaftskomödie darüber schreiben, wenn die heutige Zeit nicht so gründlich und so gänzlich darüber hinweggerollt wäre. Man kann das Erich kaum vorwerfen, jeder muß in den Auffassungen seiner Zeit leben, und man kann Mühsams Ansichten nicht von heute aus kritisieren, ohne ungerecht zu werden. Er war in anderen Dingen seiner Zeit und selbst unserer Zeit um soviel voraus, daß man nicht neunzig Jahre rückwirkend in allem political correctness einfordern darf. Vor allem, wenn man bedenkt, daß auch die Reventlow selber nicht den geringsten Begriff von Emanzipartion hatte und selber in den abstrusesten Weibchen- und Mutter-Vorstellungen befangen war. Bekanntlich ging ihre praktische Wirkung weit darüber hinaus. Es ist aber schon merkwürdig, festzustellen, daß Mühsam kein Stück über ihre Vorstellungen hinausgelangt ist, was die "Frauenfrage" betrifft. Insofern waren die beiden zu ihrer Zeit avantgarde.

"Keine Revolution ohne allgemeine Kopulation!" (Peter Weiss 1967) war schon seit jeher der Schlachtruf aller dionysischen Rebellen und zweifellos beginnt jede Unzufriedenheit, jedes Leiden an der gesellschaftlichen Entfremdung mit der Einsicht, daß die Menschen mit ihren Wünschen und Trieben in einer Wirtschaftsform, die alles zur Ware macht, auch die Liebe, nicht glücklich werden können. Deswegen ist Franziska von Reventlow die Vorkämpferin aller Befreiung, die damit beginnt, sich die Gefühle nicht abkaufen zu lassen, sondern sie ungehindert zu äußern und ungefragt zu verschenken. Und ihr stolzer Satz klingt wie eine Fanfare durch das Jarhrhundert:

"Die beste Vorsorge für das Alter ist, daß man sich nichts entgehen läßt, was Freude macht. Dann wird man später die nötige Müdigkeit haben, und kein Bedauern, daß die Zeit um ist."

Und noch einmal, voller Trotz: "Mich reuen die Sünden, die ich nicht beging." (Tagebuch, 23.2.95)


9. Wirkungen und Fragen

Wenn zwanzig Jahre später Zarah Leander singt "Kann denn Liebe Sünde sein..." oder "Für eine Nacht voller Seligkeit, da geb ich alles hin" und wenn man sich die splendide Formlosigkeit von Fern- und Kriegsheiraten besieht und die erotische Libertinage der Trümmerfrauen-Zeit, dann hatte die Reventlow eine Generation später - zynisch gesagt - auf ganzer Linie gewonnen:

"Laß dir sagen, liebe Maria, es sind nur zwei Dinge, die einem ein Gefühl von Daseinsberechtigung geben: Geld und Liebe. Soll es ganz richtig sein, so sind es beide zusammen, aber wann ist wohl das Leben einmal ganz richtig? Und fehlt eins von beiden, so kann man sich immerhin mit dem anderen trösten. Fehlen aber beide..."(Mulot S.384)

Danach hat man die Bohème mit ihren sozialreformerischen Ansätzen komplett verdrängt. Es folgten die 50er Jahre mit ihrer staatsoffiziellen Verklemmtheit, der adenauerschen Greisenkultur, den pfäffischen Volkswartbünden und der "Sauberen Leinwand". Der nächste Anstoß zur geschlechtlichen Rebellion kam nicht aus deutscher Tradition, sondern von außen durch den Impuls von sex and drugs and rock´n roll, aber man bemerkt heute mit Grausen, daß die Durchsexualisierung der Gesellschaft unter kapitalistischen Vorzeichen die "Freie Liebe" nicht gerade befördert hat.

Franziskas Vermächtnis bleibt eine Lebenseinstellung, die sich nicht um moralische oder politische Konvention schert, sondern die autonom nach ihren eigenen Gefühlen beurteilt, was gut tut und was nicht. Damit ist sie in keinem System "verwertbar", sie wird immer rebellisch wirken. Die so leben wie sie, sind der ewige Stachel in jeder Ausbeutergesellschaft, bis sich die zukünftige Lebensform, "die freie Assoziation freier Individuen" (Marx) durchgesetzt haben wird, also bestimmt noch die nächsten hundert Jahre lang. Aber solches freie Leben im Hier und Heute immer wieder zu versuchen, unangefochten von Not und Zwängen, das hat die Reventlow vorgemacht:

"Ich hatte nie ein festes Einkommen, nie einen bestimmten Beruf, sondern nur vorübergehende Tätigkeiten, bei denen nicht viel herauskam, und doch habe ich eine ganze Reihe von Jahren "existiert", vielleicht sogar besser und angenehmer als manche andere mitsamt ihrem Beruf" - "Beruf ist etwas woran man stirbt." (Mulot S. 385 u. 348)

Sie kam von ganz oben und hatte erkannt, wie wenig verlockend der Aufstieg in die oberen Gesellschaftsklassen für einen lebendigen Menschen ist. Daher ihre natürliche Unfähigkeit zur Anpassung, ihr angenehmer Spott über falsche Werte, falsches Geld und falschen Ruhm, ihr "Rebellentrotz", wie Erich Mühsam das nannte. Merke: Kein Opportunist wird nur, wer weiß daß es oben nichts zu gewinnen gibt. Um in dieser Hinsicht Aufklärung zu leisten, ist das Vorbild der Gräfin Reventlow unverzichtbar. Auf den Seiten heutiger Bunter Illustrierten mit Gesellschaftsklatsch aus der Münchener high society kann ich sie mir nicht vorstellen.

Das letzte Wort soll nochmals Erich Mühsam gehören, der sie lebenslang verstanden und verehrt hat wie niemand sonst:

"Sie trug, außer ihrem Namen, nichts an sich, was vom Moder der Vergangenheit benagt war. In die Zukunft gerichtet war ihr Leben, ihr Blick, ihr Denken; sie war ein Mensch, der wußte was Freiheit bedeutet, ein Mensch ohne Vorurteile, ohne Fesseln, ohne Befangenheit vor der Philistrosität der Umwelt. und sie war ein froher Mensch, dessen Frohsinn aus dem tiefsten Ernst des Charakters kam. Wenn sie lachte, dann lachte der Mund und das ganze Gesicht, daß es eine Freude war, hineinzusehen. Aber die Augen, die großen, tiefblauen Augen, standen ernst und unbewegt mitten zwischen den lachenden Zügen. Die Gräfin war eine schöne Frau, ihr Äußeres von strahlendem Reiz, und das Herz erfüllt von der Schönheit und von der Sehnsucht nach einer schönen und freien Menschenwelt." (Namen...S.155)

Franziska zu Reventlow schrieb am 18. Februar 1895 auf die erste Seite ihres Tagebuchs, und sie ist sich darin treu geblieben:
NICHTS IST FÜR UNS FURCHTBAR,WENN WIR GLADIATOREN SEIN WOLLEN.

10. LITERATUR

Ahrem, Regine: Franziska, die "heilige Hetäre". Die Zeit, 17.10.1992
Baron,Lawrence: Mühsams individualistischer Anarchismus. In: Scheinwerfer oder Färbt ein weißes Blütenblatt sich schwarz. Hrsg. von Fidus. Guhl-Vlg Berlin 1978
Berg,Hubert van den: Zur Kontroverse zwischen Erich Mühsam und Gustav Landauer über die sogenannte "Freie Liebe". In: Erich Mühsam Kreis Berlin: "Sich fügen heißt lügen" Seminarbroschüre, Berlin 1991
Berg, Hubert van den: Über Erich Mühsams Überlegungen zur "Frauenfrage" und seine literarische Darstellungsweise von Frauen in der Periode 1900-1914. In: Schriften der Erich-Mühsam-Gesellschaft Heft 3, Lübeck 1992
Bloch, Ernst. Das Prinzip Hoffnung, 3 Bde. Frankfurt/M. 1959
Bloch, Ernst: Erbschaft dieser Zeit. Frankfurt/M.1977
Dau-Schmidt, Wiebke: Zweite Erich-Mühsam-Tagung. In: Lübeckische Blätter 13/91
Fritz, Helmut: Die erotische Rebellion. Das Leben der Franziska Gräfin zu Reventlow. Frankfurt/M. 1980. FiBü 2250
Guthke, Karl S.: B. Traven Biografie. Büchergilde Gutenberg, Frankfurt/M.1987
Haug, Wolfgang: Anarchismus und Expressionismus. In: Schriften der Erich-Mühsam-Gesellschaft Heft 3, Lübeck 1992
Holm, Korfiz: ich - kleingeschrieben. München 1932
Hurwitz, Emanuel: Otto Gross. Paradies-Sucher zwischen Freud und Jung. FfM 1979
Jung, Franz: Der Weg nach unten. Berlin 1961(Torpedokäfer)
Jung, Franz: Dr. med. Otto Gross. Von geschlechtlicher Not zur sozialen Katastrophe. In: Grosz/Jung/Grosz, Hrsg. Brinkmann & Bose Vlg. Berlin 1990
Jung, Franz: Der tolle Nikolaus. Prosa, Briefe. Hrsg. von Cläre Jung und Fritz Mierau, Reclam Leipzig 1980
Kennedy, Margrit: Geld ohne Zinsen und Inflation. München 1991(Goldmann 12341)
Kreuzer, Helmut: Die Bohème. Stuttgart 1968
Lessing, Theodor: Einmal und nie wieder. Gütersloh 1969
Mann, Heinrich: Ein Zeitalter wird besichtigt. Berlin 1947
Mann, Thomas: Sämtliche Erzählungen. Frankfurt/M. 1963
Mierau, Fritz: Leben und Schriften des Franz Jung. Hamburg 1980
Miller, Alice: Am Anfang war Erziehung, Frankfurt/M. 198o
Miller, Alice: Du sollst nicht merken. Frankfurt/M. 1981
Mühsam, Erich: Ascona. Berlin 1977
Mühsam, Erich: Liebe, Treue, Eifersucht. die Ansichten der Gräfin Franziska zu Reventlow. In: Aufklärung, Monatsschrift für Sexual- und Lebensreform. Jg.1, Nr.10 (1929) (Angabe bei Berg s.o.)
Mühsam, Erich: Unpolitische Erinnerungen. Berlin 1977
Mühsam, Erich: Tagebücher 1910-1924. Hrsg. Chris Hirte. München 1994 (dtv 19030)
Mulot, Sibylle: Franziska zu Reventlow. In: Karl Corino(Hg.): Genie und Geld. Vom Auskommen deutscher Schriftsteller. Nördlingen 1987
Oberhauser, F. und G.: Literarischer Führer durch Deutschland. FfM 1983 (Insel-Vlg.)
Panizza, Oskar: NB! In: Reventlow, Autobiografisches S. 234
Perrault, Gilles: Auf den Spuren der Roten Kapelle. Europaverlag Wien Zürich 1990
Privat, Margarete: Vom Werden und Wesen der Schriftstellerin Franziska zu Reventlow. Zeitschrift Nordelbingen Bd. 38 (Angabe bei Else Reventlow, bei Hrsg. der Tagebücher)
Rasch, Wolfdietrich: Nachwort In: F.zR. Autoboigrafisches...S 281
Reventlow, Ernst Graf zu: Von Potsdam nach Doorn, Geschichte der Hohenzollern. Berlin 1934
Reventlow, Franziska Gräfin zu: Gesammelte Werke in einem Band. Herausgegeben von Else Reventlow, München 1925 (Verlag Albert Langen)
Reventlow, Franziska Gräfin zu: Sämtliche Werke in zwei Bänden. Verlag Langen/Müller, München/Wien 1980
Reventlow, Franziska Gräfin zu: "Tagebücher 1895-1910", Hrsg. Else Reventlow. München1925 (1976 Fischer Taschenbuch 1702)
Reventlow, Franziska Gräfin zu: "Ellen Olestjerne", Roman. München 1903. Mehrere Auflagen bis 1925. (1976 Fischer Taschenbuch Frankfurt/M.)
Reventlow, Franziska Gräfin zu: "Von Paul zu Pedro", Roman. München 1912 (Ullstein Taschenbuch 37055, Berlin/FfM 1987)
Reventlow, Franziska Gräfin zu: "Herrn Dames Aufzeichnungen", Roman. München 1913 (Ullstein Taschenbuch 37055)
Reventlow, Franziska Gräfin zu: "Der Geldkomplex", Roman 1915 (Ullstein Taschenbuch 37056, Berlin/FfM 1987)
Reventlow, Franziska Gräfin zu: "Der Selbstmordverein", Romanfragment aus dem Nachlaß, München 1919. (Ullstein 37056)
Reventlow, Franziska Gräfin zu: " Das Logierhaus zur schwankenden Weltkugel", Novellen. München 1919.
Reventlow, Franziska Gräfin zu: "Briefe". Hrsg. Else Reventlow, München 1929 (Fischer Taschenbuch 1794, Frankfurt/M. 1977)
Reventlow, Franziska Gräfin zu: "Autobiografisches, Novellen, Schriften, Sebstzeugnisse", Berlin/FfM 1986 (Werkausgaben Ullstein Taschenbuch 37047)
Reventlow, Rolf: Der spanische Bürgerkrieg. München 1969
Riess, Curt: Ascona. Zürich 1977 nicht recht getraue anzufassen ", möchte ich hier mit Franz Jung sagen, wo es ans "Eingemachte" geht. Die Gräfin Rantzau fühlte sich durch ihr Kind offenbar existentiell bedroht und
Serke, Jürgen: Die verbrannten Dichter. Frankfurt/M.1980
Schmitt, Klaus (Hg.): Silvio Gesell - "Marx" der Anarchisten? Berlin 1989 (Kramer-Vlg.)
Schröder, Hans Eggert: Ludwig Klages. Bonn 1966
Schröder, Hans Eggert: Ausstellungskatalog "Franziska Gräfin zu Reventlow / Schwabing um die Jahrhundertwende" als Marbacher Magazin 8/1978
Székely, Johannes: Franziska zu Reventlow. Diss. Bonn 1979 (mit Bibliografie)
Tucholsky, Kurt: Werke in 10 Bd. Rowohlt, Reinbeck b. Hamburg
Weiss, Peter: Die Verfolgung und Ermordung des Jean Paul Marat/...Sade. FfM 1967
24.12.1995



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